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Dissertation - Detailansicht

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Bibliografische Informationen
 Bewertung der Funktionalität und Sicherheit von organischen elektrolytischen Photokondensatoren für die drahtlose Hirnstimulation  
 Die Neurostimulation, als gezielte Beeinflussung der Nervengewebsaktivität, ist ein essenzielles Verfahren sowohl in der neurowissenschaftlichen Forschung als auch in der klinischen Praxis. Erfolgreiche Anwendungen elektrischer Hirnstimulation reichen von der Wiederherstellung der motorischen Kontrolle bei der Parkinson-Krankheit über die Verringerung von Krampfanfällen bei arzneimittelresistenter Epilepsie bis hin zur Verbesserung der Rehabilitation nach Schlaganfall oder Trauma. Die Entwicklung drahtloser Neurostimulationsmethoden ist ein wichtiges Ziel, um die Invasivität zu minimieren und den Patientenkomfort durch Vermeidung von Verkabelung und Steuergeräten zu erhöhen.

Unter den potenziellen Lösungen zeigen photoaktive organische Halbleiter besonderes Potential. Sie können Lichtsignale in elektrische Felder umwandeln, sogar in dünnen Schichten, was die Masse der Stimulationsgeräte erheblich reduziert. Bevor jedoch eine neue Technik klinisch eingesetzt werden kann, müssen ihre Sicherheit und Wirksamkeit in präklinischen Studien umfassend überprüft werden. Das Hauptziel dieser Studie war daher die Untersuchung der Durchführbarkeit, Biokompatibilität und Wirksamkeit von drahtlosen, lichtgesteuerten organischen elektrolytischen Photokondensatoren (OEPC) für die Neurostimulation.

In dieser Studie wurden OEPC in verschiedenen Modellen von In-vitro-, Ex-vivo- und In-vivo-Anwendungen im Rattengehirn eingesetzt. Das In-vivo-Modell basierte auf der primären kortikalen Zellkultur. Über einen Zeitraum von zwei Wochen zeigten sich keine erkennbaren Unterschiede in der Zytotoxizität zwischen Zellen auf OEPC und solchen auf Deckgläsern. Die Lichtstimulation von Zellen auf OEPC führte zu einer erhöhten c-Fos-Expression im Vergleich zu den Zellen, die im Dunkeln gehalten wurden, was auf eine effektive Stimulation hindeutet. Dieser Effekt wurde in erster Linie durch die photoaktive Schicht des Geräts erzielt, wobei eine Signalausbreitung innerhalb des neuronalen Netzwerks beobachtet wurde.

Die OEPC-Stimulation von organotypischen Hippocampus-Schnittkulturen führte ebenfalls zu einer erhöhten c-Fos-Expression im gesamten Schnitt. Nach täglichen Stimulationsitzungen über sieben Tage wurden erhöhte Expressionen von GAP-43 und NeuN festgestellt, was auf mögliche schützende Effekte der Behandlung hindeutet.

In einem komplexen In-vivo-Modell wurden flexible OEPC auf den somatosensorischen Kortex erwachsener Ratten implantiert. Die ursprüngliche Analyse der c-Fos-Expression innerhalb von 48 Stunden nach der Implantation wurde durch frühe postoperative Entzündungsprozesse beeinträchtigt. Nach drei Wochen führte die OEPC-Stimulation jedoch zu einer erhöhten Anzahl von c-Fos+ Zellen nicht nur im somatosensorischen Kortex, sondern auch im entorhinalen Kortex und im Hippocampus, sowohl in der ipsilateralen als auch in der kontralateralen Hemisphäre, was auf eine Signalübertragung im umfangreichen neuronalen Netzwerk hinweist.

Die implantierten Geräte lösten keine Fremdkörperreaktion aus und blieben nach dem dreiwöchigen Implantationszeitraum funktionsfähig. Leichte unerwünschte Immunreaktionen in der Nähe der Operationsstelle wurden sowohl bei den implantierten als auch bei den nicht implantierten Tieren beobachtet, was in erster Linie auf das chirurgische Verfahren und nicht auf das Implantat selbst zurückzuführen ist. Die Rasterelektronenmikroskopie zeigte eine glattere Oberfläche des implantierten Geräts, was auf eine Proteinadhäsion hindeutet. Dennoch hatte dies keinen negativen Einfluss auf das Lade- und Entladeverhalten der OEPC, was auf ihre anhaltende Funktionalität hinweist.

Diese Studie ist die erste Untersuchung eines innovativen Neurostimulationsansatzes, bei dem organische Halbleiter über einen semichronischen Zeitraum eingesetzt werden. Die erfolgreiche Anwendung von OEPC könnte erhebliche Vorteile für die Neurostimulation bieten, da sie eine drahtlose, leichtgewichtige Alternative zu herkömmlichen Methoden darstellen. Die Geräte haben sowohl ihre Sicherheit als auch ihre Funktionalität für Neurostimulationsanwendungen über einen semichronischen Zeitraum bewiesen, was ihr Potenzial als therapeutische Implantate oder Plattformen für weitere neurowissenschaftliche Studien unterstreicht. Um ihre Sicherheit und Wirksamkeit vollständig zu gewährleisten, sind jedoch längere Untersuchungen über drei Wochen nach der Implantation erforderlich. Darüber hinaus ist die weitere Erforschung der Wechselwirkungen zwischen OEPC und Nervengewebe für ein besseres Verständnis der Steuerbarkeit der Stimulation in den Zielhirnregionen von entscheidender Bedeutung.  
 Neurostimulation; drahtlose Stimulation; Bioelektronik; kortikale Stimulation; organische Halbleiter; c-Fos; Erregbarkeit; Immunhistochemie; flexible Implantate  
 
 2024  
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 Hirnforschung
Autorinnen*Autoren / Co-Autorinnen*Co-Autoren
  Nowakowska, Marta; lek.wet.
Betreuende Einrichtung / Studium
  Universitätsklinik für Neurochirurgie
 UO 094 202 PhD-Studium (Doctor of Philosophy); Humanmedizin  
Betreuung / Beurteilung
  Schindl, Rainer; Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr.techn.
  Hochmeister, Sonja; Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr.med.univ. Dr.rer.nat.
  Patz, Silke; Sen.Scientist Priv.-Doz. Dr.rer.nat.
  Üçal, Muammer; Priv.-Doz., PhD