| Einleitung: Kamptodaktylie ist eine seltene, pädiatrische Handfehlbildung, die hauptsächlich durch ein Streckdefizit des proximalen Interphalangealgelenks gekennzeichnet ist und in zwei Dritteln der Fälle beidseitig auftritt. Sie betrifft etwa 1% der Bevölkerung und tritt in zwei Formen auf: eine im Säuglingsalter (kongenital), die beide Geschlechter gleichermaßen betrifft, und eine seltenere Form, die sich im Erwachsenenalter vor allem bei Frauen aber auch Männern manifestiert. Ätiologisch wird eine genetische Komponente vermutet, oft mit einem autosomal-dominanten Erbgang, während sekundäre Formen mit verschiedenen Syndromen assoziiert sind. Behandlungsmöglichkeiten reichen von konservativen Maßnahmen wie Schienen und Dehnübungen bis hin zu operativen Eingriffen, je nach Schweregrad und Anatomie der Fehlbildung. Die Rarität dieser Pathologie und die damit einhergehende schmale wissenschaftliche Breite im Bereich der bestmöglichen Therapie bei Kindern in Verbindung mit ihrer subjektiven Empfindung dem ästhetisch-funktionellem Outcome gegenüber, haben diese Arbeit motiviert.
Methoden: Anhand einer retrospektiven Analyse wurden alle PatientInnen eruiert, die zwischen 2010 und 2021 an der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie Graz aufgrund einer Kamptodaktylie konservativ versorgt wurden. Die PatientInnen wurden anschließend zu einer Nachuntersuchung eingeladen. Im Rahmen dieser wurde der betroffene Finger/die betroffenen Finger klinisch untersucht und fotodokumentiert. Das subjektive Empfinden des funktionell-ästhetischen Ergebnisses wurde mittels VAS-Scores und konkreten Fragen bezogen auf Probleme zuhause bzw. mit der Schiene allein erhoben.
Resultate: Das Patientenkollektiv der retrospektiven Analyse bestand aus 55 PatientInnen, 54,5% weibliche und 45,5% männliche Personen, wobei 49,1% eine beidseitige Kamptodaktylie aufwiesen. Insgesamt wurden 86 Finger analysiert. Bei der Mehrheit (52,7%) trat die Erkrankung im Kindes- oder Jugendalter auf, während sie in 43,6% der Fälle kongenital war. Alle PatientInnen erhielten eine individuell angepasste Schiene, teils ergänzt durch Dehn- oder Bewegungsübungen. Die mediane Schienentherapiedauer betrug 1,5 Jahre. Fast die Hälfte (48,1%) der PatientInnen zeigte eine Verbesserung des Streckdefizits während der Behandlung. Komplikationen wie Hautreizungen und Unbehagen beim Tragen der Schiene traten in 34,5% der Fälle auf. Von 55 PatientInnen nahmen 7 an einer Nachuntersuchung teil. Die Kontrollen zeigten weiterhin funktionelle Einschränkungen. Die subjektive Zufriedenheit im Schnitt lag bei einem VAS-Score von 64,3%. Schwierigkeiten bei der Anwendung der Schiene traten bei 71,4% auf. Insgesamt ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den retrospektiven und prospektiven Untersuchungen hinsichtlich der Schwere des Streckdefizits.
Conclusio: Die konservative Behandlung der Kamptodaktylie mit einer individuell angepassten Nachtlagerungsschiene hat während aktiver Benutzung dieser, bei fast der Hälfte der PatientInnen (48,1%) zu einer Verbesserung des Streckdefizits geführt. Vor allem bei jüngeren PatientInnen ist dies effektiv und erfordert regelmäßige Anpassungen sowie Kontrollen, um langfristig erfolgreich zu bleiben. Es zeigte sich jedoch, dass viele PatientInnen Schwierigkeiten mit der Schienentherapie hatten (34,5% Komplikationen), was die Compliance beeinträchtigen könnte. Wichtig ist zudem auch, dass die subjektive Zufriedenheit der PatientInnen, insbesondere im Hinblick auf den ästhetischen Outcome, nicht immer mit dem Ausmaß der funktionellen Einschränkung korreliert. Trotz der positiven Ergebnisse in vielen Fällen, sind die Langzeitergebnisse aufgrund fehlender Follow-up-Daten und geringer Teilnahme an den Nachuntersuchungen mit Vorsicht zu bewerten.
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