| Insbesondere während des Kauvorgangs ist die Mundschleimhaut verschiedenen äußeren
Kräften ausgesetzt. Diese Kräfte führen zu erheblichen elastischen Verformungen des
Gewebes. Die Belastungs- und Verformungseigenschaften der Mundschleimhaut werden
durch die Dicke des Epithels und der Menge der Kollagenfasern in der Submukosa
beeinflusst. Da der Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung weltweit zunimmt, steigt
auch die Zahl zahnloser PatientInnen und damit der Bedarf an prothetischen Versorgungen. Die
Mundschleimhaut unter der Prothese ist entscheidend für die Verteilung der
Okklusionskräfte auf den darunterliegenden Alveolarknochen.
Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, die biomechanischen Eigenschaften humaner
Mundschleimhaut in unfixiertem Zustand mittels Zugversuchs zu untersuchen. Dafür
werden Gewebeproben aus drei verschiedenen Regionen (harter Gaumen, befestigte Gingiva
und freie Mundschleimhaut) getestet, um die orts- und richtungsabhängigen Last-
Verformungs-Eigenschaften zu untersuchen. Im Rahmen der Arbeit wurde die
Mundschleimhaut der Oberkieferregion von 11 Individuen untersucht. Insgesamt wurden 12
Proben entnommen: 5 Gewebeproben, die die befestigte Gingiva sowie freie
Mundschleimhaut enthielten, sowie 7 Gewebeproben des harten Gaumens. Zunächst wurde
der Wassergehalt mithilfe des osmotischen Stressprotokolls angepasst. Anschließend wurde
ein Zugversuch durchgeführt: Dabei wurden der Elastizitätsmodul, die Cauchy-
Versagensspannung, die Versagensdehnung, die Versagenslast und die Querschnittsfläche
berechnet und statistisch ausgewertet.
Die Ergebnisse zeigten, dass es für keinen der analysierten Parameter eine statistisch
relevante Richtungsabhängigkeit innerhalb einer Region gab (p>0,05). Es wurde jedoch eine
statistisch relevante Ortsabhängigkeit (p<0,05) für die Cauchy-Versagensspannung (harter
Gaumen – befestigte Gingiva; freie Mundschleimhaut - befestigte Gingiva), den
Elastizitätsmodul (freie Mundschleimhaut - befestigte Gingiva) sowie die Versagenslast
(harter Gaumen - freie Mundschleimhaut) und die Querschnittsfläche (harter Gaumen -
befestigte Gingiva; harter Gaumen – freie Mundschleimhaut) festgestellt. Hinsichtlich der
Versagensdehnung wurde keine statistisch relevante Ortsabhängigkeit festgestellt (p>0,05).
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Zusammenfassend bietet diese Arbeit erstmals verschiedene Parameter der mechanischen
Belastbarkeit der intraoralen maxillären Schleimhaut auf Basis frischer (nicht fixierter)
Gewebeproben. Die Ergebnisse zeigen, dass Gewebe aus verschiedenen Regionen der
Mundhöhle unterschiedliche mechanische Verhaltensweisen aufweisen, welche nicht
richtungsabhängig sind. Zukünftige Studien könnten dazu beitragen, die mechanischen
Eigenschaften durch Gewebemorphologie, die durch histologische Analysen bestätigt wird,
weiter zu untermauern. |