| Hintergrund: Als extreme Frühgeburten gelten Geburten zwischen 23 + 0 und 27 + 6 SSW. Ab 28 + 0 bis 36 + 6 SSW spricht man von Frühgeburten. Im Jahr 2022 kamen in Österreich insgesamt 5.647 Frühgeborene zur Welt. Die Planung des Geburtsmodus bei extremen Frühgeburten ist äußerst komplex und stellt sowohl das medizinische Personal als auch die Eltern vor schwierige Entscheidungen. Ziel dieser Arbeit war es, einen umfassenden Informationsrahmen zu schaffen, der es Eltern und medizinischem Personal ermöglicht, gemeinsam fundierte Entscheidungen im Kontext einer drohenden Frühgeburt zu treffen.
Untersucht wurde, welcher Geburtsmodus primär angestrebt wurde, wann es zu Änderungen des Geburtsmodus kam und ob der gewählte Geburtsmodus einen Einfluss auf das Outcome der Frühgeborenen hatte.
Material und Methoden: Im Rahmen einer retrospektiven Studie wurden extreme Frühgeburtsfälle im Zeitraum 2011 bis 2020 an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Graz untersucht. In die Studie wurden sowohl Einlings- als auch Mehrlingsschwangerschaften eingeschlossen. Ausgeschlossen wurden externe Frühgeburten und Totgeburten. Hauptzielgröße der Studie war der Vergleich des primär angestrebten Geburtsmodus mit dem tatsächlich durchgeführten Geburtsmodus. Zu den Nebenzielgrößen zählten die Indikationen für die jeweiligen Geburtsmodi und die Indikationen der Geburtsmodusänderungen. Weiters wurde untersucht, ob der jeweilige Geburtsmodus einen Einfluss auf das kindliche Outcome hatte. Die erhobenen Daten wurden mit den Daten aktueller Studien aus der Datenbank Pubmed und den jeweiligen Guidelines der DGGG, OEGGG und SGGG verglichen.
Ergebnisse: In den 304 Frühgeburtenfällen wurde primär in 55,9 % (170/304) eine vaginale Entbindung und in 32,6 % (99/304) eine Entbindung mittels Sectio caesarea geplant. In 11,5 % (35/304) wurde der Geburtsmodus nicht besprochen. Schlussendlich wurden 81,2 % (247/304) der Frühgeborenen mittels Sectio entbunden. Von den 170 primär geplanten vaginalen Entbindungen wurden 12,4 % (21/170) tatsächlich vaginal entbunden. Eine geplante Sectio caesarea und alle nicht besprochenen Frühgeburtenfälle wurden vaginal entbunden. Somit erfolgten 18,8 % (57/304) der Entbindungen vaginal. In 23 Fällen kam es zu einer Notsectio. Gesamt kam es in 57,6 % (155/269) zu einer Änderung des primär angestrebten Geburtsmodus. Zu den häufigsten Indikationen der Geburtsmodusänderung zählten der Verdacht auf ein Triple I in 45 Fällen (29 %), die vorzeitige Wehentätigkeit in 31 Fällen (20 %), ein pathologischer Doppler bzw. CTG in 23 Fällen (14,8 %) und die vorzeitige Plazentalösung in elf Fällen (7,1%). Die häufigste Schwangerschaftskomplikation war die vorzeitige Wehentätigkeit (52,6%). Auf dem zweiten Platz folgte die Zervixinsuffizienz (36,2 %), gefolgt vom PPROM (33,6 %) auf dem dritten Platz. Frühgeborene, die mittels primärer Sectio caesarea entbunden wurden, zeigten signifikant bessere APGAR 1-Werte im Vergleich zu Spontanpartus und sekundärer Sectio caesarea. Nach fünf und zehn Minuten war der Median der APGAR-Werte für alle drei Geburtsmodi identisch. Allerdings variierten die Mindestwerte von APGAR 5 und 10 deutlich je nach Geburtsmodus, insbesondere bei der primären Sectio caesarea (APGAR 5 Minimum = 3 und APGAR 10 Minimum = 4) im Vergleich zum Spontanpartus und zur sekundären Sectio caesarea (jeweils Minimum = 0).
Conclusio: Zusammenfassend zeigt die retrospektive Studie, dass die Planung des Geburtsmodus bei extremen Frühgeburten eine komplexe Herausforderung darstellt. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass trotz der primären Planung eines bestimmten Geburtsmodus in einem beträchtlichen Anteil der Fälle Änderungen vorgenommen werden müssen, oft aufgrund von Komplikationen während der Schwangerschaft oder des Geburtsvorgangs. Die Ergebnisse der Studie betonen auch die Bedeutung einer engmaschigen Überwachung während der Schwangerschaft, um potenzielle Komplikationen frühzeitig zu erkennen und angemessen reagieren zu können.
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