| Hintergrund Die definitive Radiochemotherapie stellt nach wie vor die Standardtherapie bei PatientInnen mit lokal-fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren dar. Jedoch deuten Studien darauf hin, dass die Applikation einer vorangeschalteten Induktionschemotherapie womöglich zu einer Verbesserung des Rezidiv-freien Überlebens, sowie einer Senkung der Fernmetastasierungsrate beitragen könnte. Ob sich dies auch auf das Gesamtüberleben der PatientInnen überträgt ist unklar, beziehungsweise finden sich dazu unterschiedliche Ergebnisse. Aus diesem Grund haben wir eine Propensity-Score Analyse des Gesamtüberlebens bei PatientInnen mit fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren, die eine Radiochemotherapie mit oder ohne vorheriger Induktionschemotherapie erhalten haben, durchgeführt.
Material und Methoden Es wurden retrospektiv 195 PatientInnen mit lokal-fortgeschrittenem/inoperablem, plattenepithelial differenzierten Kopf-Hals-Tumor in die Studie eingeschlossen. Das mediane Alter der Studienkohorte betrug 59 Jahre und 73% der PatientInnen hatte einen ECOG Performance Status von 0 Punkten. Von dieser Studienpopulation erhielten 76 PatientInnen (39%) eine der Radiochemotherapie (zumeist 35 x 2Gy + 3 Zyklen 100mg/m2 Cisplatin in 3 wöchentlichen Abständen) vorangestellten Induktionschemotherapie, diese war für die meisten PatientInnen (82%) 3 Zyklen des TCF Schemas (Cisplatin, Docetaxel, 5-FU). Die beiden Co-primären Endpunkte der Studie waren das Rezidiv-freie Überleben und das Gesamtüberleben. Als Nebenzielgrößen wurden Toxizität, Response und die Risiken für Lokalprogression und Fernmetastasierung erfasst. Um mit retrospektiven Beobachtungsdaten ein quasi-experimentelles Setting zu generieren wurde eine inverse-Behandlungswahrscheinlichkeits-gewichtete Analyse (IPTW) durchgeführt.
Ergebnisse Nach einem medianen follow-up von 3.6 Jahren für Rezidiv und 4.3 Jahren für Gesamtüberleben entwickelten 66 PatientInnen eine Krankheitsprogression, und 83 PatientInnen verstarben. Es zeigte sich eine 5-Jahres-Gesamtüberlebenswahrscheinlichkeit von 50%, ein 5-Jahres-Rezidiv-freies Überleben von 47%, eine Lokalprogressionsrate von 35% und eine Fernmetastasierungsrate von 19%. PatientInnen, die eine Induktionschemotherapie erhalten haben waren signifikant jünger (p=0.0001), hatten weniger Komorbiditäten (p=0.0001), seltener Zweitmalignome (p=0.03) und einen besseren ECOG Performance Status (p=0.0001). Um diese Ungleichheiten zwischen den beiden Gruppen auszugleichen wurde ein Propensity Score ermittelt und in einem zweiten Schritt die Daten mittels IPTW gewichtet. In der IPTW-gewichteten Kaplan-Meier Analyse zeigte sich keine statistisch signifikante Assoziation zwischen Induktionschemotherapie und Gesamtüberlebensvorteil (95%CI: 0.46-1.63, HR=0.86, p=0.65). In der Gruppe mit Induktionschemotherapie war jedoch eine signifikante Senkung des Risikos für Fernmetastasierungen ersichtlich (95%CI: 0.16-0.94, HR=0.38, p=0.04).
Conclusio Die Daten dieser nicht-randomisierten Studie zeigen bezüglich einer Senkung des Fernmetastasierungsrisikos eine konsistente Übereinstimmung mit den Ergebnissen früherer randomisierter Studien, welches sich aber nicht in einem Gesamtüberlebensvorteil überträgt. Daher ist eine strenge Indikationsstellung zur Induktionschemotherapie notwendig, jedoch könnte sich diese Therapieform vor allem für all jene PatientInnen, mit hohem angenommenem systemischem Risiko und für PatientInnen mit Wunsch einer organerhaltenden Therapie, insbesondere beim Larynxkarzinom, eignen. |