| Einleitung Der Klassifikation des Eurobarometer 2010 folgend, zeigen die Länder des mediterranen Raums die niedrigste Suizidrate, während die Länder Zentral- und Nordeuropas die höchste Suizidrate aufweisen. In der Vergangenheit wurden zahlreiche Faktoren untersucht, um einen Teil dieser europäischen Realität zu erklären, allerdings waren Spiritualität und Religiosität niemals Teil dieser Betrachtungen. Das Ziel unserer Studie war, die interkulturellen sowie intra-kulturellen Unterschiede in religiöser/spiritueller Befindlichkeit und deren Auswirkung auf Suizid und psychische Krankheiten in drei klinischen Stichproben und in drei Studenten-Stichproben zu untersuchen. Weiteres Ziel war, die unterschiedlichen Zusammenhänge zwischen den Dimensionen von Suizid, von Spiritualität und den „Big Five“ Persönlichkeitsfaktoren zu zeigen. Methode Insgesamt wurden 1043 Personen in drei unterschiedlichen europäischen Regionen getestet: in Lazio (Zentral-Italien), Südtirol und Veneto (Norditalien) sowie in der Steiermark (Mittel-Ost-Österreich). Die Fragebögen wurden von 410 psychiatrischen Patienten (175 Männer, 235 Frauen) aus drei Psychiatriezentren und 633 Studenten (134 Männer, 499 Frauen) von drei Universitäten ausgefüllt. Folgende Testverfahren wurden angewandt: •Soziodemografischer Fragebogen (mit 2 zusätzlichen visuellen Analogskalen für Spiritualität und Religiosität) •C-SSRS, Baseline (Columbia- Beurteilungsskala zur Suizidalität, Basisversion) •MI-RSB (Multidimensionales Inventar zum religiös-spirituellen Befinden) •BFI (Big Five Inventory) •SCL-90-S (Symptom-Checklist) Ergebnisse Die steirischen Patienten, welche sich selbst als „Gläubige” definierten, zeigten die höchsten Werte in „Suizid Gedanken“ und „Suizidales Verhalten“, allerdings nicht bei „Tatsächlicher Suizidversuch“. Ähnliche Ergebnisse ergaben sich für Südtirol/Veneto, aber nicht für Lazio. Die MI-RSB Dimensionen „Hoffnung immanent“, „Hoffnung transzendent“ und „Erfahrung von Bedeutung und Sinn“ korrelierten in fast allen Stichproben negativ mit den Suizid-Dimensionen und „Psychische Beeinträchtigung“. Im Gegensatz dazu korrelierten „Spiritualität” und die Dimensionen des MI-RSB „Allgemeine Religiosität”, „Allverbundenheit” positiv mit Suizid und „Psychische Beeinträchtigung“. Die lineare Regressionsanalyse ergab für die Studentenstichprobe, dass zwischen „Allverbundenheit“, „Spiritualität“ und „Suizid“ ein positiver Zusammenhang besteht. Die anderen Dimensionen zeigten sich eher als Schutzfaktoren gegen „Suizid”. Für die klinische Stichprobe zeigte „Existentielles Wohlbefinden“ einen negativen Zusammenhang mit „Suizid“, „Allgemeine Religiosität“ hingegen einen positiven Zusammenhang mit „Suizid“. Des Weiteren korrelierte „Neurotizismus“ signifikant mit „Depression“ und allen anderen Dimensionen psychiatrischer Symptome. Im Zuge der gründlichen Untersuchung der Beziehung zwischen „Neurotizismus“, „Depression“ und Suizid in unseren Post-Tests, fanden wir heraus, dass „Neurotizismus“ in der Kombination mit „Depression“ einen signifikanten Risikofaktor für Suizid darstellt. Ohne die Beteiligung von „Depression“ hingegen, zeigte sich, dass „Neurotizismus“ ein Schutzfaktor gegen Suizid ist.
Diskussion Bisher zeigte die Mehrheit der vorangegangenen Studien eine Tendenz in Richtung negativer Korrelationen zwischen spirituell/religiösen Dimensionen und Suizid. Unsere Studie hingegen zeigte eher gegensätzliche Ergebnisse und eröffnet interessante Optionen für weiterführende Forschungen. |