| Einleitung: Bei der Erfassung der kardiovaskulären Reaktivität ist ein effizientes Stressparadigma erforderlich, um gültige Schlussfolgerungen für psychophysiologische Prozesse ziehen zu können. Bisherige Paradigmen weisen jedoch einige Einschränkungen auf und führen tendenziell zu inkonsistenten Ergebnissen, da unterschiedliche Stressoren genutzt werden und diese vor ihrem Einsatz zumeist nicht bei gesunden Personen getestet werden. Der erste Forschungsschwerpunkt dieser Arbeit umfasst daher die Validierung eines neuen psychologischen Stressparadigmas namens Grazer Cognitive and Emotional Stress Test (G-CEST) bei gesunden Individuen, unabhängig von Alter und Geschlecht. Darüber hinaus kann ein inadäquater Umgang mit psychosozialen Prozessen das physiologische System langfristig schädigen und scheint ein Prognosefaktor für pathologische Veränderungen zu sein. Daher befasst sich der zweite Forschungsschwerpunkt dieser Arbeit mit der Untersuchung, wie die tonische und phasische Herzratenvariabilität (HRV) durch unterschiedliche Facetten psychosozialer Aspekte beeinflusst wird. Methode: Insgesamt nahmen 95 gesunde Teilnehmer*innen (34 Männer, 61 Frauen; alle kaukasischer Herkunft) im Alter zwischen 20 und 70 Jahren an dieser Studie teil. Die Validierung des G-CEST erfolgte durch verschiedene physiologische Parameter während der Phasen Ruhe, Antizipation, Stress und Erholung. In Bezug auf den zweiten Forschungsschwerpunkt wurde untersucht, wie die tonische und phasische HRV durch verschiedene Facetten psychosozialer Aspekte beeinflusst wird. Ergebnisse: Die Analyse ergab, dass die kardiovaskulären Parameter entlang der Phasen (Ruhe, Antizipation, Stress, Erholung) einen statistisch signifikanten Unterschied in der Herzfrequenz und in den Blutdruckvariablen zeigten. Variablen der Impedanzkardiographie wie etwa Schlagindex, Herzzeitvolumen, Präejektionsperiode und linksventrikuläre Auswurfzeit scheinen in dieser Studie weitgehend von den Ausgangswerten beeinflusst zu werden. Die Ergebnisse des zweiten Forschungsschwerpunkts zeigten, dass negative Bewältigungsstrategien (grübeln) und geringe emotionale Kompetenzen (Wahrnehmung der eigenen Emotionen) mit einer niedrigeren tonischen HRV verbunden sind, während Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung von Emotionen bei anderen mit einer höheren HRV einhergehen. Schlussfolgerung: Insgesamt zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Studie, dass der G-CEST bei gesunden Individuen geeignet ist, um moderaten Stress zu induzieren und kardiovaskuläre Veränderungen, unabhängig von Alter und Geschlecht, sichtbar zu machen. Darüber hinaus trug diese Studie zu einer zunehmenden Anzahl psychophysiologischer Forschung bei und diente dazu, das Verständnis der HRV und ihre Assoziation mit psychosozialen Aspekten zu vertiefen, indem gezeigt wurde, dass Bewältigungsstrategie und emotionale Kompetenz die physiologischen Zustände bei gesunden Personen modulieren können. |