| Einleitung
Die operative Therapie der Wahl bei schwerer Kniegelenkarthrose ist die Implantation einer Knie-Totalendoprothese (KTEP). Trotz anatomischer Unterschiede wurden bisher beide Geschlechter mit einer Standardprothese versorgt. In den letzten Jahren wurden geschlechtsspezifische Prothesen entwickelt, die diese Unterschiede berücksichtigen. Diese Studie untersucht, ob eine Low-Contact-Stress (LCS) Knie-Standardprothese bei Männern und Frauen 20 Jahre nach Implantation gleich gute Ergebnisse hinsichtlich Lebensqualität, klinischem Ergebnis und Komplikationen erzielt und ob in weiterer Folge die Einführung einer geschlechtsspezifischen Prothese gerechtfertigt oder sogar notwendig ist.
Material und Methoden
Es handelt sich um eine retrospektive Level-III-Kohortenstudie. Für diese Studie wurden dieselben 108 Patientinnen und Patienten der Vorgängerstudie von Kastner et al. aus der Klinikdatenbank Medocs erneut rekrutiert. Nach Ausschluss von 91 Personen aufgrund von Todesfällen und weiteren 2 aufgrund von Komplikationen, reduzierte sich die Teilnehmerzahl auf 15 Probandinnen und Probanden (2 Männer, 13 Frauen) mit insgesamt 15 Prothesen. Untersucht wurde, wie sich das klinische Outcome 20 Jahre nach der Implantation der LCS-Knieprothese entwickelt hat und ob sich Unterschiede in den Ergebnissen zwischen Männern und Frauen gezeigt haben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden klinisch und anamnestisch hinsichtlich WOMAC, KSS, VAS und ROM evaluiert. War eine Untersuchung vor Ort aufgrund eingeschränkter Mobilität nicht möglich, erfolgte die Befragung telefonisch. Die Daten wurden mit SPSS® ausgewertet, wobei ein P-Wert < 0,05 als statistisch signifikant galt. Aufgrund der geringen Zahl der männlichen Teilnehmer konnte ein direkter und aussagekräftiger Vergleich zwischen Männern und Frauen nicht durchgeführt werden. Daher wurde primär die Lebensqualität der weiblichen Teilnehmerinnen anhand von WOMAC und KSS zwischen 10 und 20 Jahren nach KTEP-Implantation vergleichen.
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Frauen von WOMAC und KSS Schmerz waren sowohl 10 als auch 20 Jahre nach der Implantation einer LCS-KTEP ähnlich. Lediglich im KSS Funktion zeigte sich eine statistisch signifikante Abnahme, welche jedoch in erste Linie auf altersbedingte Faktoren (Gehhilfe, verringerte maximale Gehstrecke) zurückzuführen ist. In der weiblichen Kohorte wurde keine wesentliche Verschlechterung der Lebensqualität festgestellt, welche auf die Knieprothese zurückzuführen wäre. Aufgrund der begrenzten Stichprobengröße konnte durch diese Studie keine definitive Aussage hinsichtlich geschlechtsspezifischer Unterschiede im klinischem Outcome nach Implantation einer LCS-KTEP getroffen werden. Die klinischen Ergebnisse der Frauen waren 20 Jahre nach der Implantation ähnlich gut wie bei der 10-Jahres-Nachbeobachtung. Die Notwendigkeit einer geschlechtsspezifischen Knieprothese wird durch diese Ergebnisse nicht bestätigt. Weitere Untersuchungen mit größeren und ausgewogenen Stichproben sind deshalb erforderlich.
Diskussion
Die Studie trägt zur bestehenden Literatur bei, indem sie zeigt, dass das klinische Outcome bei Frauen auch nach 20 Jahren dem Ergebnis von 10 Jahren postoperativ ähnelt und dass anatomische Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht zwangsläufig zu unterschiedlichen klinischen Ergebnissen bei Knie-Totalendoprothesen führen. Zu den Limitationen der Studie gehören die relativ kleine Stichprobengröße und der retrospektive Charakter der Studie, welche die statistische Aussagekraft und Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse beeinträchtigt haben könnten. Künftige Forschungsarbeiten könnten andere Faktoren (z. B. Größe, Gewicht, sportliche Aktivität usw.), welche die Ergebnisse einer KTEP beeinflussen, untersuchen sowie längere Nachbeobachtungszeiträume mit ursprünglich jüngeren Patienten in Betracht ziehen, um die Nachhaltigkeit dieser Ergebnisse in der klinischen Praxis zu bewerten. |