| Hintergrund: Obwohl bekannt ist, dass Fasten einen positiven Einfluss auf verschiedene Stoffwechselparameter hat, mangelt es an Informationen über die Auswirkungen von längerem intermittierendem Fasten auf Personen mit Diabetes mellitus Typ 1 (T1D). Besonders der Glukosemetabolismus und die hormonelle Regulation nach dem Fastenbrechen bedürfen gesonderter Aufmerksamkeit, da dies einen kritischen Zeitpunkt in Bezug auf Dysglykämie darstellt. Daher haben wir die erste Kohlenhydrataufnahme nach gewöhnlichem nächtlichem Fasten und nach verlängertem Fasten bei Menschen mit T1D verglichen.
Methoden: In dieser monozentrischen, offenen und Cross-over kontrollierten Studie wurden Erwachsene mit T1D und folgenden Eigenschaften inkludiert: negatives C-Peptid, mehrfache tägliche Injektionen (MDI) oder kontinuierliche subkutane Insulininfusion (CSII), HbA1c <9,5%, T1D Diagnose vor >12 Monaten, stabile Insulintherapie und Verwendung eines kontinuierlichen Glukoseüberwachungssystems (CGM). Die Teilnehmer*innen fasteten zunächst 12 Stunden und dann 36 Stunden lang, bevor nach jedem Fasten ein oraler Glukosetoleranztest (OGTT) mit 75g Kohlenhydraten durchgeführt wurde. Bei beiden Malen wurde die gleiche Menge Bolusinsulin verabreicht. Blutproben wurden vor der Kohlenhydrataufnahme und 15min, 30min, 60min, 120min und 240min danach entnommen. Gemessen wurden Plasmaglukose, C-Peptid, Glukagon, Cortisol und exogen verabreichtes Insulin. Zusätzliche Laboruntersuchungen, eine Ruhe-Spirometrie und eine bioelektrische Impedanzanalyse wurden ebenfalls durchgeführt. Die Daten wurden mittels gepaarten t-Tests und Mixed-Model-Regression verglichen (p ≤ 0,05).
Ergebnisse: Zwanzig Personen mit T1D (7 Frauen) mit einem mittleren Alter von 35±11 Jahren (Arithmetisches Mittel ± Standardabweichung), einem Body-Mass-Index (BMI) von 24,8±2,8 kg/m2, einem HbA1c-Wert von 7,1±0,6%, einer Diabetesdauer von 20±11 Jahren und einer täglichen Gesamtdosis (TDD) von 40±14 IE Insulin nahmen an dieser Studie teil. Elf Teilnehmer*innen verwendeten eine MDI-Therapie, während 9 Teilnehmer*innen mit CSII behandelt wurden. Primär waren der mittlere Plasmaglukosewert nach 120 Minuten des OGTTs (308 ± 91 mg/dL vs. 313 ± 71 mg/dL; p = 0,73) und die „Area under the Curve“ der Plasmaglukosespiegel während der ersten 120 Minuten des OGTT (31823 ± 8557 vs. 29957 ± 5826; p = 0,21) nach 12h und 36h Fasten vergleichbar. Sekundär waren die Plasmaglukoseverläufe (p = 0,68) und die entsprechende Änderungsrate (p = 0,44) beim 12-stündigen und 36-stündigen Fasten ähnlich. Im Vergleich zum Ausgangswert zeigte sich das Körpergewicht nach verlängertem Fasten signifikant niedriger (76,7 ± 13,5 kg vs. 75,4 ± 13,4 kg; p = 0,0002). Während des verlängerten Fastens hatten Teilnehmer*innen mit einer täglichen Gesamtbasaldosis (TDBD) von über 0,25 IE Insulin pro kg Körpergewicht signifikant mehr Hypoglykämien als die Vergleichsgruppe mit ≤ 0.25 IE/kg KG (1.3 ± 0.9 vs. 2.5 ± 0.9 Hypoglykämien; p = 0.009).
Schlussfolgerung: Einmaliges verlängertes Fasten führte bei den teilnehmenden Personen mit T1D zur gewünschten Gewichtsabnahme. Plasmaglukoseverläufe und (Dys-)Glykämie nach der ersten hohen Kohlenhydrataufnahme zeigten keine statistischen Unterschiede nach 36-stündigem Fasten im Vergleich zu 12-stündigem Fasten. Daher sind Anpassungen der Bolusinsulin-Dosis nach längerem Fasten nicht zwingend erforderlich. Vielmehr sollte bei Menschen mit T1D die tägliche Gesamtbasaldosis evaluiert werden, bevor sie verlängert Fasten. |