| Hintergrund: Gallensäuren (GS) sind die Endprodukte des Cholesterinstoffwechsels und ein wichtiger Bestandteil der Galle. GS sind für eine optimale Fettverdauung unabdinglich und ihre Konzentrationen können ohne invasiven Eingriff indirekt über das Serum gemessen werden. Von Interesse ist, dass sich die Serum-Gesamt-GS und die Zusammensetzung des GS-Pools im Serum (ergeben zusammen das „GS-Profil“) zwischen gesunden Erwachsenen und Neugeborenen unterscheiden. Zwar sind Cholsäure und Chenodeoxycholsäure typische Vertreter der menschlichen GS, sowohl im Erwachsenen- als auch im Kindesalter, jedoch gelten C6-hydroxylierte GS wie Alpha-, Beta-, Gamma-, und Omega-Muricholsäure bei Erwachsenen als “atypisch”, aber wurden in höheren Konzentrationen bei frühen und reifen Neugeborenen nachgewiesen. Diese Studie diente zu allererst dazu, aufgrund der fehlenden Datenlage Normwerte von Gesamt-GS (typische und atypische GS) im Serum bei Früh- und Reifgeborenen festzulegen. Des Weiteren sollte der Einfluss von Sepsis auf die Serum-GS-Werte bei frühseptischen Neugeborenen analysiert werden, da die Frühsepsis als eine ernsthafte Komplikation bei Neugeborenen gilt und bekannt ist, dass bei septischen Erwachsenen aufgrund einer entzündungs-bedingten Cholestase Serum-GS signifikant erhöht sind.
Methodik: Untersucht wurden Gesamt-GS (typische und atypische GS) von gesunden Reifgeborenen (RG; n=47), gesunden Frühgeborenen (n=22) und Neugeborenen mit Frühsepsis (Frühgeborene: n=20; Reifgeborene: n=13) mittels Hochleistungschromatographie gekoppelt mit Massenspektrometrie.
Ergebnisse: Referenzwerte von Gesamt-GS wurden bei gesunden Reifgeborenen mit einem Median von 8,7 µmol/L, der in einem Interquartilbereich zwischen 5,0 und 13,5 µmol/L lag, festgelegt, sowie bei gesunden Frühchen mit 11,2 µmol/L (5,6 – 16,9). Die Normwerte beider Gruppen (Reif- und Frühgeborene) lagen deutlich über den Normwerten gesunder Erwachsener (0,3 – 6,5). Neugeborene mit Frühsepsis zeigten erniedrigte Gesamt-GS Werte: signifikant niedriger in Reifgeborenen (6,2 µmol/L, IQR: 3,8 – 8,6; p<0,01) und niedriger in Frühgeborenen (7,4 µmol/L, IQR: 4,0 – 10,0). GS in Taurin-konjugierter Form waren – unabhängig vom der Schwangerschaftswoche und des Gesundheitszustandes des Kindes - die häufigste Spezies. Taurochenodeoxycholsäure, eine typische GS, war in allen Gruppen als konzentrierteste vorzufinden. Die atypische GS waren unterschiedlich häufig vorzufinden: Taurogammamuricholsäure dominierte bei Reifgeborenen, wohingegen Tauroalphamuricholsäure bei Frühgeborenen als einzige atypische GS detektiert wurde. Tauroomegamuricholsäure (TOMCS) war, unabhängig vom Reifegrad der Kinder, bei Frühsepsis signifikant erhöht (p<0,01).
Schlussfolgerung: Dies war die erste Studie zu typischen und atypischen GS im Serum von Früh- und Reifgeborenen und deren Beeinflussung durch Frühsepsis. Erstens wurde gezeigt, dass „atypische“ GS bei Neugeborenen, unabhängig vom Reifegrad, als typisch gelten. Die physiologische und pathophysiologische Rolle muss jedoch in Zukunft erst geklärt werden. Zweitens zeigten die Neugeborenen - im Gegensatz zu septischen Erwachsenen - signifikant erniedrigte GS-Werte im Vergleich zu gesunden Probanden des gleichen Schwangerschaftsalters. Basierend auf diesen Ergebnissen könnten GS ganz allgemein – oder TOMCS im Spezifischen - zukünftig als zusätzlich diagnostischer Marker bei der Erkennung von Frühsepsis eingesetzt werden. |