| Die vielfältige Rolle der Thrombozyten wurde lange Zeit unterschätzt, aber ihre wichtige Rolle bei der Entzündungsreaktion, sowie ihr Beitrag in allen Stadien der Atherosklerose, wird nun häufig wahrgenommen und untersucht. Durch die Freisetzung ihrer prokoagulanten und proinflammatorischen Granula am Entzündungsherd, und auch ihre direkte Interaktion mit Endothelzellen und/oder neutrophilen Granulozyten, die zur Zellaktivierung oder Verstärkung von aktivierungsabhängigen Zellfunktionen führt, sind Thrombozyten ein wesentlicher Faktor bei Entzündungen. Neutrophile Granulozyten sind die Hauptquelle des Enzyms Myeloperoxidase, das einzige Enzym, das das Oxidationsmittel Hypochlorit herstellen kann. Eine aktivierende Rolle von Hypochlorit modifiziertem Lipoproteinen niedriger Dichte (LDL) oder Lipoproteinen hoher Dichte (HDL) auf Thrombozyten, die über den Scavenger-Rezeptor CD36 vermittelt wird, ist bereits beschrieben worden. Im Gegensatz dazu ist der Einfluss modifizierter Proteine auf Thrombozyten bisher nicht geklärt. Albumin ist das häufigste Protein im Blutkreislauf, und auch das Angriffsziel von Hypochlorit, das kaum andere Substanzen angreift. In unserer Studie konnten wir zeigen, dass Hypochlorit oxidiertes Albumin, sogenannte “Advanced Oxidized Protein Products“, Thrombozyten aktivieren können. AOPPs akkumulieren bei verschiedenen Entzündungserkrankungen, wie z.B. im Plasma von Patienten mit Nierenerkrankungen, und sind Marker für oxidativen Stress. Ob AOPPs zu den bei urämischen Patienten häufig auftretenden Gerinnungsstörungen beitragen, wurde bisher nicht untersucht. In der vorliegenden Studie zeigen wir, dass AOPPs eine Erhöhung der Thrombozyten Adhäsionsmoleküle (P-Selektin, Phosphatidylserin und CD40L) induzieren. Dies resultiert aus der aktivierungsabhängigen Freisetzung von Thrombozytengranula und darauffolgender Proteinintegration in die äußere Thrombozytenmembran. Die durch AOPPs ausgelöste Thrombozytenaggregation und P-Selektin-Oberflächenexpression konnten erheblich vermindert werden, wenn der Scavenger-Rezeptor CD36auf Thrombozyten geblockt wurde. Daraus lässt sich klar schließen, dass CD36 ein entscheidender Rezeptor für die Interaktion zwischen Thrombozyten und AOPPs ist. In der vorliegenden Arbeit konnten wir die Signalkaskade, über die AOPPs Thrombozyten aktivieren, aufklären. Sie beinhaltet die Aktivierung von Phospholipase C, Phosphokinase C und Ca2+ Mobilisierung, sowie die intrazelluläre Produktion reaktiver Sauerstoffspezies. Durch ihre Wirkung auf Thrombozyten induzierten AOPPs Wechselwirkungen zwischen Thrombozyten und Endothelzellen, die durch eine erhöhte Thrombozytenadhesion an kultivierten humanen Endothelzellen gezeigt werden konnte. Von großer Bedeutung ist auch die Expression von endothelialem Gewebsfaktor, der aus dieser Zell-Zell-Interaktion resultiert. AOPPs, die aus dem Serum von uremischen Patienten isoliert wurden, konnten die Thrombozytenaggregation abhängig von ihrer oxidativen Modifikation und dem CD36 Rezeptor verstärken. Die Resultate, die mit in vitro modifizierten AOPPs erzielt wurden, konnten somit in einen physiologisch relevanten Kontext gesetzt werden. AOPPs und Gewebsfaktor waren im Serum von Patienten mit Nierenerkrankung signifikant erhöht. Interessant dabei ist die signifikante Korrelation von AOPPs und Gewebsfaktor, die eine starke Verbindung zwischen oxidativem Stress und einem prothrombotischen Phänotyp zeigt. Unsere Ergebnisse liefern klare Beweise, dass AOPPs, die unter Bedingungen mit chronischem oxidativen Stress gebildet werden, zu einer erhöhten Thrombozytenaktivität beitragen können. Diese führt zu einem prokoagulanten Phänotyp bei Endothelzellen, was wiederum zu Gerinnungsstörungen in Urämie und anderen entzündlichen Erkrankungen beitragen könnte. Unsere Ergebnisse zeigen bisher unbekannte prothrombotische Aktivitäten von oxidiertem Albumin. |