| Das chemotherapeutische Konzept von an Ewing Sarkom bzw. Osteosarkom erkrankten Patienten unterscheidet sich im Wesentlichen im Einsatz von hochdosiertem Methotrexat, welches für seine osteoreduktive Wirkung im Langzeitverlauf, vor allem bei Kindern und jungen Erwachsenen, bekannt ist. Neuesten Studien zufolge konnte jedoch auch bei Ewing Sarkompatienten, deren Behandlung nicht auf Methotrexat basiert, eine Verminderung der Knochendichte gemessen werden. Daher starteten wir eine kollektive Nachuntersuchung, zu der wir alle an unserer Klinik bezüglich oben genannter Tumore behandelten und seit 1998 datenbanktechnisch erfassten Patienten zur Teilnahme einluden, um etwaige Fälle von Osteopenie/Osteoporose sowie damit assoziierten Frakturen zu eruieren.
An unserer Messung nahmen 43 Patienten teil – 18 Ewing Sarkome, davon zehn Männer und acht Frauen, mit einem Durchschnittsalter von 26 Jahren ± 7.61 SD (12 bis 44), und 25 Osteosarkome, 16 männlich und neun weiblich, mit einem Durchschnittsalter von 27 Jahren ± 10.34 SD (7 bis 49). Das durchschnittliche Zeitintervall zwischen Tumordiagnose und Nachuntersuchung betrug bei Ewing Sarkompatienten 8 Jahre (± 4.17 SD) und 7 Jahre (± 4.73 SD) bei der Osteosarkomgruppe. Die Untersuchung der Knochendichte erfolgte mittels Densitometrie von Lendenwirbelsäule und Femur, welche durch eine gezielte Serumanalyse sowie einen Fragebogen hinsichtlich Lebensstil und Ernährungsgewohnheiten ergänzt wurde.
Die Auswertung der Densitometrie auf Basis des alters- und geschlechtsbezogenen Z Score Systems ergab eine pathologische Knochendichteminderung in 58% (37% Osteopenie, 21% Osteoporose) der Studienteilnehmer an zumindest einem der Messpunkte (LWS oder Femur). Zusätzlich frakturierten zwei Ewing Sarkom- (2/18) und fünf Osteosarkompatienten (5/25) atraumatisch im proximalen Femur 30 und 72 Monate nach Diagnosestellung, im distalen Femur nach 29 und 72 Monaten, in der proximalen
Tibia nach 29, 32 und 192 Monaten sowie digital nach 36 Monaten (ein
Patient mit Ewing Sarkom erlitt zugleich eine Fraktur des distalen Femur sowie der
proximalen Tibia). In der Laborauswertung zeigte sich neben Normabweichungen sämtlicher knochenstoffwechselbezogener Parameter ein Vitamin D-Mangel bei 88% der Probanden, kombiniert mit einer genetischen Prädisposition für die Entwicklung einer Lactoseintoleranz bei 37%. Die Ergebnisse von Densitometrie und Labor zeigten keinen signifikanten Unterschied zwischen der Ewing Sarkom- und Osteosarkomgruppe.
Unser Studienergebnis weist darauf hin, dass ein möglicher Knochensubstanzverlust infolge Chemotherapie nicht zwingend auf die Anwendung von Hochdosis-Methotrexat im Zuge der Osteosarkomtherapie beschränkt ist, sondern in einem ebenso großen Ausmaß auch Ewing Sarkompatienten betreffen kann. Neben dem Einfluss der Chemotherapie spielen auch viele andere Faktoren, wie z.B. therapieinduzierte Übelkeit und eine möglicherweise damit verbundene Mangelernährung sowie lange Phasen der Immobilisation, eine wesentliche Rolle. Kombiniert mit saisonalem/permanentem Vitamin D- und Calciummangel sowie einer genetischen Prädisposition für Lactoseintoleranz, können all diese Faktoren den knochenschädlichen Einfluss der Chemotherapie potenzieren. Eine suffiziente Versorgung dieser Patienten mit Vitamin D und Calcium könnte ein erster Schritt in Richtung nachhaltiger Osteoporoseprävention sein.
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