| Hintergrund: Eine Vielzahl von immun-mediierten Erkrankungen wie zum Beispiel die Multiple Sklerose (MS), eine entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems oder das Reizdarmsyndrom vom Durchfalltyp (IBS-D), eine funktionelle Magen-Darm-Erkrankung, werden kürzlich immer mehr mit Veränderungen der Darmflora in Zusammenhang gebracht. Eine veränderte Komposition der Flora, welche in weiterer Folge auch die Produktion von Metaboliten, die Struktur der Darmbarriere und auch das mukosale Immunsystem verändert, könnte dabei eine zentrale Rolle spielen. Leider sind humane Daten noch rar. Probiotika und zu einem geringeren Anteil auch Synbiotika sind in der Behandlung des IBS-D evidenzbasiert, obwohl die Mechanismen noch nicht vollständig verstanden sind. In dieser Dissertation wird darum einerseits der Magen-Darm-Trakt (Immunzellen, kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) und Flora) von MS Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollen untersucht. Andererseits wird der Effekt einer vierwöchigen oralen Synbiotika-Therapie auf verschiedene Regionen des Magen-Darm-Traktes untersucht.
Material und Methoden: Biopsien aus der Schleimhaut des Colons von fünfzehn unbehandelten MS Patienten und zehn Kontrollen werden während einer Ileokolonoskopie gesammelt. Zusätzlich werden Stuhlproben gesammelt um den Gehalt von SCFAs (mittels GC-MS) und die fäkale Darmflora zu bestimmen (mittels 16S rRNA Gen- Analyse). Das Magen-Darm-System in zehn IBS-D Patienten wird zusätzlich vor und nach einer vierwöchigen Therapie mit einem oralen Synbiotikum untersucht. Eine endoskopische Untersuchung des oberen und unteren Magen-Darm-Traktes wird hierbei verwendet, um Biopsien für eine FACS-Analyse der Schleimhaut des Duodenums und des proximalen Colons zu bekommen. Zusätzlich wird eine 16S rRNA Gen-Analyse (aus Schleimhautproben von Magencorpus, Duodenum und proximalem Colon) durchgeführt und eine Analyse des Gehaltes von SCFAs und Zonulin (mittels ELISA-kit) im Stuhl. Resultate: Das Darm-Ökosystem von MS Patienten zeigte deutliche Veränderungen im Bereich von Immunzellen, Metaboliten und Florakomposition im Vergleich zu gesunden Kontrollen. Die FACS-Analyse der Schleimhaut des Colons zeigte eine geringere Anzahl von Dendritischen Zellen (DC), CD103+ tolerogenen DCs und CD4+CD25+127- regulatorischen T-Zellen (Tregs) im distalen aber nicht proximalen Colon von MS Patienten. GC-MS Messungen von Stuhlproben zeigten eine Reduktion SCFAs (Acetat und Butyrat) bei MS Patienten. Zusätzlich konnten Veränderungen in der Komposition der fäkalen Flora vor allem im Bereich der Clostridiales gezeigt werden. Bei der Untersuchung des Effekts einer oralen Synbiotika-Therapie bei Patienten mit IBS-D zeigten sich Veränderungen auf verschiedenen Ebenen. FACS-Analyse der Schleimhaut zeigte eine Reduktion von CD4+ T Zellen und einen Trend in Richtung Erhöhung von doppel-negativen T Zellen im proximalen Colon. Die Synbiotika-Therapie erhöhte ebenfalls die Biodiversität in Schleimhautproben des Magens und des Duodenums und auch das Vorkommen von Lactobacillaceae im Stuhl. Zusätzlich zeigten sich im Stuhl erhöhte SCFA Levels (Acetat und Butyrat) und eine reduzierte Zonulin Konzentration, welche mit einer Reduktion von Symptomen assoziiert war.
Schlussfolgerung: Die Daten dieser Dissertation zeigen Hinweise auf ein regional-regulatorisches Defizit von mukosalen DCs und Tregs im distalen Colon von MS Patienten. Diese Veränderungen sind assoziiert mit einer Reduktion von SCFAs und Veränderung der Komposition der Flora im Stuhl. Diese Daten unterstreichen eine mögliche Rolle des Darms in der Entstehung der MS. Orale Synbiotika zeigten eine Vielzahl von Einflüssen auf den Magen-Darm-Trakt auf verschiedenen Ebenen bei IBS-D Patienten und weitere Studien müssen den kausalen Charakter dieser Beobachtungen untersuchen. |