| Orthognath-chirurgische Operationen zählen zu den häufigsten mund-, kiefer- und gesichtschirurgischen Eingriffen. Diese, als elektiv einzustufende, operative Verfahren dienen der Korrektur komplexer dento-fazialer Anomalien und damit einhergehender skelettaler Malokklusion. Trotz der Einstufung als sichere Verfahren, gehören der operative Blutverlust und damit assoziierte Komplikationen zu den größten Problematiken dieses Fachgebiets. In diesem Zusammenhang zeigte sich im direkten Geschlechtervergleich häufig ein signifikant erhöhter Blutverlust bei Männern. Mögliche Ursachen für signifikante geschlechterspezifische Unterschiede hinsichtlich des Blutverlusts in der orthognathen Chirurgie wurden allerdings bisher kaum erforscht.
Ziel dieser Studie war es daher den intra- und perioperativen Blutverlust bei Eingriffen der orthognathen Chirurgie und insbesondere gender-spezifische Unterschiede in diesem Zusammenhang zu untersuchen. Zusätzlich lag der wissenschaftliche Fokus auf der Identifikation signifikanter gender-spezifische Unterschiede des Gerinnungsprofils, um zu überprüfen, ob diese ursächlich auf die Höhe des Blutverlusts Einfluss nehmen.
Gesunde männliche und weibliche Proband*innen, die sich an unserer Abteilung einer bimaxillären Umstellungsosteomie oder Unterkieferosteotomie unterzogen, kamen für diese Studie in Betracht. Die Bestimmung des Blutverlusts erfolgte zu 3 standardisierten Zeitpunkten mithilfe von 2 etablierten Messmethoden: der intraoperative Blutverlust (IOB) wurde anhand der Subtraktionsmethode bestimmt; die Berechnung des perioperativen Blutverlusts, 24- und 48 Stunden postoperativ, basierte auf der ‚Haemoglobin-balance‘ Methode (CBL-24h, CBL-48h). Die Auswertung der Blutungsmengen wurde nach Operationsmethode und Geschlecht getrennt vorgenommen.
Vor dem Eingriff wurde eine detaillierte Gerinnungsanalyse durchgeführt um geschlechterspezifische Unterschiede hinsichtlich des Gerinnungsprofils zu identifizieren und in weiterer Folge relevante Gerinnungsparameter mit der Höhe des Blutverlusts zu korrelieren.
103 Patient*innen (38 männlich, 65 weiblich) wurden in die statistische Auswertung miteinbezogen. 54 Patient*innen unterzogen sich einer bimaxillären Umstellungsosteomie; bei 49 Patient*innen wurde eine Unterkieferosteotomie durchgeführt. In Bezug auf den intraoperativen Blutverlust (IOB) zeigten sich keine geschlechterspezifischen Unterschiede, jedoch hinsichtlich des perioperativen Blutverlusts (CBL-48h) in der bimaxillären Gruppe. Hier wurde ein signifikant erhöhter perioperativer Blutverlust (CBL-48h) bei Männern festgestellt (männlich: 907.7 ml ± 246.1 vs weiblich: 730.8 ml ± 274.5; p=0.019). Bei Analyse des Gerinnungsprofils zeigten sich nur wenige signifikante geschlechterspezifische Unterschiede. Diese beschränkten sich auf die Parameter aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT), Antithrombin III, Endogenes Thrombin Potential (ETP-auc) und Gerinnungsfaktor IX. In der Korrelationsanalyse mit IOB und CBL-48h zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen CBL-48h und Antithrombin III in der bimaxillären Gruppe (r=0.474; p=0.001). Die Höhe des intraoperativen Blutverlusts (IOB) wurde maßgeblich von der Operationsdauer beeinflusst.
Signifikante Zusammenhänge zwischen untersuchten Parametern und der Höhe des Blutverlusts wurden nachgewiesen, wobei der Parameter ‚Gender‘ sich weniger auf den Blutverlust auswirkte als bisher suggeriert. In Bezug auf den intraoperativen Blutverlust (IOB), konnte gezeigt werden, dass vor allem die Operationsdauer und -methode, nicht aber das Geschlecht und gender-spezifische Unterschiede des Gerinnungsprofils ausschlaggebend die Höhe des Blutverlusts beeinflussen. Im Gegensatz dazu, zeigten unsere Resultate, dass gender-spezifische Unterschiede des Gerinnungsprofils vor allem unmittelbar postoperativ an Relevanz gewinnen und mit der Höhe des perioperativen Blutverlusts maßgeblich korrelieren. |
