| Hintergrund: Bei der Nocardiose handelt es sich um eine vor allem bei immunsupprimierten PatientInnen oft disseminierende und potentiell lebensbedrohliche Infektionskrankheit. Die antibiotische Therapie sollte ohne Zeitverzögerung begonnen und dann über Monate fortgeführt werden. Dennoch ist davon auszugehen, dass nicht jeder kulturelle Nocardien-Nachweis mit einer Infektion gleichzusetzen ist, sondern auch mit einer Kolonisation assoziiert sein kann. Da keine validierten Kriterien zur Unterscheidung zwischen harmloser Kolonisation und therapiebedürftiger Infektion existieren, besteht im klinischen Alltag das Risiko der unnötigen Behandlung einer Nocardien-Kolonisation, aber auch der Unterlassung einer notwendigen Antibiose im Falle einer vital bedrohlichen Nocardiose. Zur besseren Unterscheidung zwischen einer Nokardien-Kolonisation oder -Infektion analysierten wir Nocardien-Befunde nach mikrobiologischen, klinischen und radiologischen Aspekten. Methoden: In der Studie wurde ein Klassifikationsschema zur klinischen Differenzierung von Kolonisation oder Infektion erstellt und an 62 Fällen mit kulturell nachgewiesenen Nocardien retrospektive angewandt. Das Schema besteht aus klinischen (Symptomatik UND Ausschluss anderer Ätiologien), radiologischen (Befund im Einklang mit Nocardiose) und mikrobiologischen Kriterien (≥2 positive Kulturen aus Sputa ODER eine positive Kultur aus einer BAL, Biopsie oder aus einem anderen sterilen Kompartiment ODER 1 positive Kultur bei immunsupprimierten Patienten), von welchen alle für eine Nocardiose erfüllt sein mussten. Ergebnisse: 25 von 62 PatientInnen mussten aufgrund mangelnder medizinischer Daten ausgeschlossen werden. Von den verbliebenen 37 PatientInnen wurden 13 (35%) als infiziert (Infektionsgruppe) klassifiziert. Von diesen 13 PatientInnen erhielten nur 10 (77%) eine für Nocardien effektive antibiotische Therapie. Von den 3 nicht behandelten infizierten PatientInnen verstarben 2 (66%) und bei den therapierten PatientInnen 3 von 10 (30%). Von den 37 eingeschlossenen PatientInnen wurden 24 (65%) als kolonisiert klassifiziert. Von diesen erhielten nur 4 (17%) eine effektive antibiotische Therapie. In der Gruppe der kolonisierten PatientInnen gab es jedoch keine Todesfälle. Somit war die Therapie- aber auch die Sterblichkeitsrate signifikant höher in der Infektionsgruppe (p=0.002 bzw. p=0.003) und das hier vorgeschlagene Klassifikationssystem zur Erkennung einer Nocardien-Infektion wies einen negativ prädiktiven Wert von 84% auf. Zusammenfassung: Durch das verwendete Klassifikationsschema konnten alle lebensbedrohlichen Infektionen detektiert werden und keine/r der untherapierten kolonisierten PatientInnen entwickelte später eine Nocardiose. Beim kulturellen Nachweis von Nocardien könnte die vorgeschlagene Klassifikation Therapieentscheidungen erleichtern, dringliche Indikationen für eine antibiotische Therapie aufzeigen und unnötige Therapien vermeiden. |