| Die akute myeloische Leukämie (AML) ist eine maligne Erkrankung der hämatopoietischen Stamm- und Vorläuferzellen (HSPCs), die trotz initialem Ansprechen auf die Therapie häufig durch einen Krankheitsrückfall charakterisiert ist und damit mit einer schlechten Prognose verbunden ist. Eine meist geringe Anzahl an sogenannten leukämischen Stammzellen (LSCs) verursacht die Erkrankung und ist für die fortlaufende Bildung der aggressiven Leukämiezellen verantwortlich. LSCs befinden sich überwiegend in der CD34+38- Subpopulation der AML-Zellen und ihre Persistenz nach Therapie gilt als Hauptursache für das Krankheitsrezidiv.
Im ersten Teil dieser Studie zielten wir darauf ab, Oberflächenmarker zu charakterisieren, die jene Leukämiezellen identifizieren, die eine LSC-Aktivität zum Zeitpunkt der Diagnose zeigen. Unter 16 Markern, die mittels Mehrfarben-Durchflusszytometrie (MFC) analysiert wurden, zeigten GPR56 und CLL-1 die unterschiedlichste Expression innerhalb der einzelnen CD34/38-Subpopulationen der AML-Zellen. Während GPR56 in den LSC-angereicherten CD34+38- Leukämiezellen am stärksten exprimiert war, war CLL-1 in den CD34+38- Zellen niedrig und in den CD34+38+ und CD34- Leukämiezellen höher exprimiert. Darüber hinaus zeigte sich, dass eine hohe GPR56-Oberflächenexpression mit einer LSC-Genexpression-Signatur korreliert. Zudem war eine hohe GPR56-Expression in AML-Zellen mit einem geringeren Gesamtüberleben bei Patienten, die eine intensive Chemotherapie erhielten, assoziiert. Im Gegensatz dazu korrelierte die CLL-1-Expression invers mit der LSC-Gen-Signatur und war nicht informativ für das Überleben von AML-Patienten. Diese Daten zeigen, dass GPR56 ein vielversprechender, klinisch relevanter Marker zur Identifizierung von leukämischen Zellen mit LSC-Aktivität ist.
Im zweiten Teil der Studie haben wir uns zum Ziel gesetzt, eine sensitive und breit anwendbare Methode zur Erkennung der minimalen Resterkrankung (MRD) bei der AML zu entwickeln. Dabei kombinierten wir eine Leukämiezellanreicherung mittels MFC gefolgt von einer Analyse von Leukämie-spezifischen Mutationen mittels DNA-Sequenzierung bzw. digitaler PCR. Eine bestmögliche Leukämiezellen-Anreicherung erreichten wir durch eine Kombination von Antikörpern gegen CLL-1, TIM-3, CD123 und CD117. Diese Kombination ermöglichte eine Anreichung von >90% der Leukämiezellen in 134 von 146 diagnostischen AML-Proben (91,7%). Bei Verdünnungsexperimenten mit NPM1-mutierten Proben und normalem Knochenmark (KM) zeigte diese Zwei-Stufen-Nachweismethode eine Sensitivität von 10-5 für die Erkennung von residualen Leukämiezellen. Das heißt, eine Leukämiezelle unter 100.000 normalen KM-Zellen konnte nachgewiesen werden. Zur Validierung dieser Methode wurden KM-Proben von 41 Patienten in kompletter Remission (CR) hinsichtlich ihrer MRD analysiert. In 39 Proben reichte die DNA-Qualität sortierter Zellen für die Sequenzierung aus. Einundzwanzig Proben testeten MRD positiv, während 18 negativ waren. Bei einer medianen Nachbeobachtung von 559 Tagen entwickelten 71% der MRD-positiven (15/21) und 28% (5/18) der MRD-negativen Patienten ein Rezidiv (p=0.0065). Dementsprechend war das mediane Rezidiv-freie Überleben bei MRD-positiven Patienten (283 Tage vs. nicht erreicht, p=0.0031) deutlich kürzer. Darüber hinaus war die MRD-Positivität in der multivariaten Analyse der informativste Parameter für die kumulative Inzidenz eines Rezidivs (Hazard Ratio 7.07). Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die hier entwickelte Messung der MRD, die auf Anreicherung von Leukämiezellen mittels MFC mit Antikörpern gegen CLL-1, TIM-3, CD123 und CD117 gefolgt von einer Mutationsanalyse basiert, eine hohe Sensitivität hat und eine gute Vorhersagekraft bezüglich eines AML-Rezidivs besitzt. Weitere multizentrische klinische Studien zur Standardisierung und zum Vergleich mit anderen Ansätzen der MRD-Messung bei AML sollten durchgeführt werden. |