| Die physiologische Autophagie ist für die Erhaltung gesunder, funktionsfähiger Beta-Zellen von entscheidender Bedeutung, und ein Mangel an Autophagie führt bei Mäusen zu einer Verschlimmerung von Diabetes. Die Induktion der Autophagie hat in Modellen für Typ-2-Diabetes eine schützende Wirkung auf Beta-Zellen gezeigt. Spermidin ist ein natürliches Polyamin und ein Autophagie-Induktor. Es hat sich gezeigt, dass das Polyamin Spermidin die Lebensspanne vieler Organismen verlängert und die kognitiven und kardialen Funktionen alternder Mäuse verbessert. Es wurde auch berichtet, dass Spermidin Entzündungen reduziert und Immunzellpopulationen wie T-Zellen, B-Zellen, Makrophagen und dendritische Zellen moduliert. Die Wirkung von Spermidin auf die Entwicklung von Typ-1-Diabetes wurde bisher noch nicht erforscht. Ziel dieser Arbeit war es, die Rolle der Autophagie-Induktion durch tägliche orale Spermidin-Behandlung in der Pathogenese des Typ 1 Diabetes bei NOD-Mäusen zu untersuchen.
Wir untersuchten drei Spermidin-Konzentrationen (1 mM, 3 mM und 10 mM) in zwei Studien mit männlichen NOD-Mäusen. Diese Studien dienten dazu, die Wirkung von Spermidin auf den Polyamin-Stoffwechsel und auf Vitalparameter der Mäuse wie Körpergewicht, Futter- und Wasserverbrauch zu erheben. Im nächsten Schritt untersuchten wir in zwei Präventionsstudien die Wirkung von 3 mM und 10 mM Spermidin auf die Entwicklung von Typ-1-Diabetes. Wir analysierten die gesamte Population der Immunzellen, den Grad der Insulitis, den Pool der Insulingranula und die Autophagie im Pankreas bei weiblichen NOD-Mäusen mit Spermidinbehandlung.
Die Supplementierung von 3 mM und 10 mM Spermidin im Trinkwasser wurde bei männlichen und weiblichen NOD-Mäusen gut toleriert, was sich in einem ähnlichen Körpergewicht und einer ähnlichen Wasser- und Nahrungsaufnahme zwischen der Kontrollgruppe und der Spermidin-Gruppe zeigte. 10 mM Spermidin beeinflusste den Polyamin-Stoffwechsel in mehreren relevanten Organen von männlichen NOD Mäusen. In der Präventionsstudie bewirkte 3 mM Spermidin im Trinkwasser keine signifikante Veränderung der Diabetesinzidenz bei weiblichen NOD-Mäusen. Die Veränderungen bei CD8+ T-Zellen, Tregs und NKT-Zellen waren statistisch nicht unterschiedlich. 3 mM Spermidin veränderte den Grad der Insulitis der Langerhans’schenInseln und die Plasmakonzentration der proinflammatorischen Zytokine bei nichtdiabetischen Überlebenden und diabetischen Mäusen nicht. Im Gegensatz zur ursprünglichen Hypothese erhöhte 10 mM Spermidin im Trinkwasser in der Präventionsstudie das Auftreten von Diabetes bei NOD-Mäusen, parallel mit einer Erhöhung der pro-inflammatorischen CD8+ T-Zellen in den pLN von diabetischen Mäusen. Darüber hinaus wirkte sich 10 mM Spermidin auf Tregs sowohl bei nicht-diabetischen Überlebenden als auch bei diabetischen Mäusen sowie auf dendritische Zellpopulationen und NK-Zellen bei nicht-diabetischen Überlebenden aus. 10 mM Spermidin reduzierte signifikant den IL-6-Plasmazytokinspiegel bei nicht-diabetischen Überlebenden, hatte aber keinen Einfluss auf andere gemessene Plasmazytokine (IFN-ɣ, IL-1β, TNF-α, IL-2, IL-5 und IL-10) sowohl bei nicht-diabetischen Überlebenden als auch bei diabetischen Mäusen. 10 mM Spermidin hatte keinen Effekt auf die Insulitis und die thymischen T-Zell-Populationen sowohl bei nicht-diabetischen Überlebenden als auch bei diabetischen Mäusen. Darüber hinaus erhöhte 10 mM Spermidin die Autophagie-Werte in der gesamten Bauchspeicheldrüse von Mäusen mit spät einsetzendem Diabetes. Weiters hatte 10 mM Spermidin keinen Effekt auf den Pool der Insulingranula und auf die Autophagie-abhängige Lyse der Insulingranula.
Insgesamt deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass eine Behandlung mit 10 mM Spermidin das Auftreten von Diabetes und die Zahl der proinflammatorischen T-Zellen in NOD-Mäusen erhöht, möglicherweise über die Induktion von Autophagie. |