| Hintergrund: Die neonatale Sepsis ist, sowohl für Früh- als auch für Reifgeborene, einer der Hauptrisikofaktoren für Morbidität und Mortalität. Die frühe oder konnatale Sepsis (EONS) tritt innerhalb der ersten 72 Stunden nach Geburt auf, während die späte oder erworbene Sepsis (LOS) nach dieser Zeitspanne auftritt. Die Diagnosestellung der neonatalen Sepsis wird erschwert durch die unspezifische Symptomatik. Aktuelle Routinetests können neonatale Sepsis weder sicher ausschließen noch bestätigen. Die Verwendung von Inflammationsmarkern als Zusatztool in der Sepsisdiagnostik ist weit verbreitet. Interleukin-6 (IL-6) ist Teil des fetalen inflammatorischen Response-Syndroms (FIRS) und daher ein interessanter früher Marker für neonatale Sepsis. Methoden: Unter Verwendung der PubMed Datenbank werden, zwischen 1990 und 2020 publizierte Studien, zur diagnostischen Güte von IL-6 für die Diagnose von neonataler Sepsis, identifiziert und systematisch untersucht. Diese Arbeit gibt einen Überblick über die Verwendung von IL-6, sowohl alleine als auch in Kombination mit anderen Inflammationsmarkern, für die Diagnose der frühen oder späten Sepsis des Neugeborenen. Das diagnostische Potential von IL-6 wird in Abhängigkeit des Gestationsalters, sowie von der Art der Probe und dem Zeitpunkt der Probenentnahme bewertet. Die Parameter Sensitivität, Spezifität und positiver sowie negativer Vorhersagewert werden extrahiert und eine Subgruppenanalyse durchgeführt. Die Qualität der inkludierten Studien wird mittels einer für Neugeborene mit neonataler Sepsis adaptierten STARD Checkliste bewertet. Resultate: 34 Studien zur diagnostischen Güte von IL-6 zur Diagnostik von EONS aus dem Zeitraum 1990-2020 wurden identifiziert und hatten eine Gesamtzahl von 3508 Kindern. Der Median der Sensitivitäten lag bei 83% (Spannweite 42.1 – 100%), der Median der Spezifitäten bei 83.3% (Spannweite 43 – 100%). IL-6 erzielte eine bessere diagnostische Genauigkeit bei Frühgeborenen als in einer Gruppe mit gemischtem Gestationsalter. Sensitivität (83% versus 71%) und Spezifität (85% versus 77%) von IL-6 waren höher in Nabelschnurblut, als in peripherem Blut. Die Kombination IL-6 und CRP hatte eine vergleichbare Sensitivität zum Einzelmarker IL-6 gemessen in Nabelschnurblut (84% versus 83%), aber deutlich niedrigere Spezifität (61% versus 85%). Konklusion: IL-6 ist ein guter diagnostischer Marker der EONS innerhalb einer Studienpopulation von Frühgeborenen, die besten Resultate wurden mit cut-off Werten größer 30pg/mL erzielt. Die Biomarker Kombination aus IL-6 und CRP ist hoch sensitiv aber nicht sehr spezifisch. Eine Optimierung der cut-off Werte, des Zeitpunkts der Probenentnahme, sowie des Kriteriums für einen positiven Test könnten das diagnostische Potential von Biomarker Kombinationen verbessern.
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