| Die bebaute Wohnumgebung gilt als eine relevante Determinante der Gesundheit. Ein Zusammenhang zwischen der mit geographischen Informationssystemen (GIS) gemessenen Walkability und körperlicher Aktivität, im Speziellen Zufußgehen, wurde in Studien belegt. Weniger ist über den Zusammenhang zwischen der Walkability und anderen gesundheitsbezogenen Ergebnissen - im Speziellen in Europa und in Österreich - bekannt. Darüberhinaus könnten auf GIS basierende Walkability-Indikatoren auch in Public Health Surveillance Systemen und in der Planung eingesetzt werden, weil sie auf Routinedaten basieren, relativ einfach zu analysieren und zu verstehen sind. Daher war die Forschungsfrage: welche GIS basierende Walkability-Indikatoren der Wohnumgebung zeigen konsistent einen Zusammenhang mit gesundheitsbezogenen Ergebnissen bei Erwachsenen und sind deshalb relevant für Public Health Surveillance und Planung?
Basierend auf einer systematischen Literaturanalyse wurden Walkability-Indikatoren ausgewählt und in einer Querschnittsstudie mit gesundheitsbezogenen Ergebnissen in Zusammenhang gesetzt. Hierfür wurden repräsentative und sekundäre Befragungsdaten aus dem Projekt ‚Radfreundliche Stadt’ (n=843) und Geodaten der Stadt Graz herangezogen. Walkability wurde definiert als Bevölkerungs- und Haushaltsdichte, Entropie-Index, Prozentanteil der Fläche mit gemischter Landnutzung, Strassenkreuzungsdichte mit mindestens drei beziehungsweise mit mindestens vier Schenkeln sowie auf diesen Parametern beruhende Indizes (IPEN walkability index und ein neu entwickelter Graz walkability index). Die untersuchten gesundheitsbezogenen Ergebnisse waren Zufußgehen zu Transportzwecken, Zufußgehen allgemein, Radfahren zu Transportzwecken, aktive Mobilität, BMI, selbst-berichteter Gesundheitszustand und Zufriedenheit mit der Nachbarschaft. Als Confounder wurden Geschlecht, Alter, sozio-ökonomischer Status und der Wohnort innerhalb von Graz berücksichtigt. Die Wohnumgebung wurde defininert als kreisrunder 1000m Buffer und 1000m und 1500m Buffer entlang des Strassennetzes. Bivariate, kontrolliert bivariate und multivariate Regressionsanalysen wurden durchgeführt.
Der empirische Teil der vorliegenden Arbeit zeigte innerhalb der erwachsenen Bevölkerung in Graz einen Zusammenhang zwischen der Walkability des Wohnumfelds und gesundheitsbezogenen Ergebnissen. Ein positiver Zusammenhang zwischen den Walkability Indikatoren und Radfahren zu Transportzwecken, aktiver Mobilität und der Nachbarschaftszufriedenheit mit der Infrastruktur konnte konsistent festgestellt werden. Die durchschnittliche Nachbarschaftszufriedenheit, die Nachbarschaftszufriedenheit mit der sozialen und umweltbezogengen Qualität sowie mit dem sozialen Zusammenhalt war negativ mit der Walkability assoziert. Die Walkability-Indikatoren Haushaltsdichte, Prozentanteil der Fläche mit gemischter Landnutzung, Strassenkreuzungsdichte mit mindestens vier Schenkeln und der neu entwickelte Graz walkability index zeigten die statistisch stärksten und häufigsten Assoziationen mit gesundheitsbezogenen Ergebnissen. In der Subgruppenanalyse waren die oben genannten Zusammenhänge vor allem bei männlichen, bei jüngeren, bei sozio-ökonomisch besser gestellten und bei im Osten der Stadt wohnenden Personen zu beobachten.
Nachdem die Walkability-Indikatoren konsistent Zusammenhänge mit einigen gesundheitsbezogenen Ergebnissen zeigten und die meisten Kriterien für Public Health Surveillance Indikatoren erfüllten, sollten die Walkability-Indikatoren für Surveillance und Planung in Betracht gezogen werden. Als nächster Schritt zur Integration der Walkability-Indikatoren in Surveillance und Planung wäre eine Konsensfindung zwischen Entscheidungsträgern aus den Bereichen Public Health, Stadt- und Verkehrsplanung empfehlenswert. Weitere Forschung ist zum Zusammenhang zwischen Walkability und Radfahren zu Transportzwecken und Nachbarschaftszufriedenheit erforderlich.
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