| Ziel der Studie: Das “Grazer Modell” zur Sondenentwöhnung erfreut sich seit fast 30 Jahren großer Bekannt- und Beliebtheit. PatientInnenwerden aus dem In- und Ausland zugewiesen, um den Übergang von exklusiver Sondenernährung zu einer selbstständigen und nachhaltig ausreichenden oralen Ernährung zu erlernen. Neben der stationären und ambulanten Variante (onsite Programm) wurde im Jahr 2009 ein telemedizinisches Coachingprogramm (Netcoaching) entwickelt. Diese Arbeit bietet erste Daten einer weltweit einzigartigen Stichprobe (N=473) von PatientInnen, welche zwischen dem 1.1.2009 und dem 31.12.2013 entweder an der ambulanten/stationären Therapie (N=228) oder am Netcoachingprogramm (N=245) teilgenommen haben. Evaluiert wurde neben biografischen (Alter, Herkunftsland, Geschlecht) sowie biometrischen und medizinischen (Diagnosen, Gewichtsentwicklung, Sondenart, Dauer der Sondenernährung, Dauer der Behandlung) und psychologischen (Reaktion auf Nahrungsmittel, Zufriedenheit der Eltern) Variablen vor allem die Erfolgsrate der beiden Programme. Ebenso wurde auch die Nachhaltigkeit der erfolgten gezielten Intervention analysiert.
Methode: Als Zielvariable wurde der erreichte Erfolg der Sondenentwöhnung auf einer vierstufigen Skala (vollständige Entwöhnung, Teilentwöhnung, Entwöhnungsversuch ohne Erfolg, Abbruch der Behandlung) gemessen. Die beiden Behandlungsoptionen wurden hierfür verglichen, statistische Kennwerte wurden berechnet.
Ergebnisse: Es zeigt sich, dass 220/245 (89.8%) PatientInnen im telemedizinischen online Programm (Netcoaching) sowie 184/228 (80.7%) PatientInnen im onsite Programm vollständig sondenentwöhnt werden konnten. Im Weiteren wurde im Netcoachingprogramm kein Kind mit “Entwöhnungsversuch ohne Erfolg” klassifiziert, im onsite Programm betraf dies 6/228 Kinder (2.6%). Beide Ergebnisse zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen dem angewandten Beratungskonzept und den Behandlungsformen. Signifikante Unterschiede ergaben sich bezüglich der Ergebnisse “Teilentwöhnung” – 12/245 (4.9%) PatientInnen im Netcoaching sowie 37/228 (16.2%) PatientInnen im onsite Programm konnten partiell entwöhnt werden – sowie “Abbruch der Behandlung”: 13/245 PatientInnen (5.3%) brachen das Netcoaching-Programm vorzeitig ab, nur 1/228 (0.4%) PatientInnen verließ das onsite Programm vorzeitig.
Fazit: In dieser ersten Evaluation einer großen Population von Kindern die zur Sondenentwöhnung nach dem “Grazer Modell” behandelt wurden, zeigt sich, dass die Erfolgsquote der telemedizinischen Behandlung gegenüber der onsite Behandlung ähnlich gute bis tendenziell sogar bessere Ergebnisse vorweist. Vor dem Hintergrund der Ökonomie (keine Infektionsgefährdung, keine Spitalsbelegung, geringere Kosten, kein Reiseaufwand, keine Wartezeiten) ist das Netcoaching-Programm durchaus als zeitgemässe, kindgerechte, adäquate und attraktive Alternative zu der traditionellen onsite Behandlung zu sehen. |