| Lungenkrebs ist die am häufigsten diagnostizierte Krebsart und führt die Liste der tödlichsten Krebsarten weltweit an. Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC) steht bei den Diagnosen an erster Stelle und macht etwa 85 % aller Lungenkrebsfälle aus. Neutrophile sind heterogene und vielseitige Zellen, die zur Tumorentwicklung beitragen. Sie sind besonders häufig in der Tumormikroumgebung (TME) von NSCLC anzutreffen und es wurde gezeigt, dass sie die Entwicklung von NSCLC durch ihre tumorfördernde Wirkung begünstigen. Darüber hinaus wurden im Blut von Krebspatienten zirkulierende Neutrophilenpopulationen identifiziert, von denen man annimmt, dass sie eine immunsuppressive Wirkung haben. Trotzdem sind die Mechanismen, durch die Neutrophile ihre Wirkung im NSCLC entfalten, noch nicht vollständig geklärt, und die Klassifizierung der neutrophilen Subpopulationen im Blutkreislauf und im Tumor ist noch ein wichtiges Forschungsgebiet. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in zwei unabhängige Projekte, die darauf abzielen, die Rolle der Neutrophilen im NSCLC aus zwei verschiedenen Perspektiven zu untersuchen:
- Im ersten Projekt verwendeten wir ein hochdimensionales Screening menschlicher Zelloberflächenmarker, um zelluläre Marker zu identifizieren, die es uns ermöglichen, zwischen zwei zirkulierenden Neutrophilenpopulationen zu unterscheiden: den sogenannten Neutrophilen niedriger Dichte (LDN) und den Neutrophilen hoher Dichte (HDN). Mit diesem Ansatz kategorisierten wir 12 Oberflächenmarker als gering exprimiert von LDNs gegenüber HDNs, während 41 Oberflächenmarker in der LDN-Untergruppe gegenüber HDNs hoch exprimiert waren. Wir entwickelten ein spezifisches Durchflusszytometrie-Panel, mit dem wir die Überexpression von CD36, CD41, CD61 und CD226 in der LDN-Fraktion nachweisen konnten. Darüber hinaus bestätigten wir die Existenz von LDNs ausschließlich im Blut von NSCLC-Patienten, während sie im Blut von gesunden Spendern fast nicht vorkamen.
- Im zweiten Projekt untersuchten wir die Rolle eines von Neutrophilen stammenden Enzyms namens Myeloperoxidase (MPO) in der Entwicklung von NSCLC. Mit Hilfe eines heterotopen NSCLC-Modells in MPO-defizienten Mäusen beobachteten wir eine Verringerung des Tumorwachstums, die mit einer Zunahme der Infiltration zytotoxischer T-Zellen im Vergleich zu MPO wildtyp-Mäusen einherging. Die CD8-Depletion hob die zuvor beobachtete Verringerung der Tumorgröße in MPO-defizienten-Mäusen auf, was darauf hindeutet, dass CD8+ T-Zellen eine wichtige Rolle spielen. In vitro führte die Zugabe von MPO zu T-Zellen zu einer verringerten Proliferation und Aktivierung von T-Zellen. Darüber hinaus wurde MPO in T-Zellen internalisiert, während eine Heparin-Vorbehandlung die MPO-Internalisierung blockierte und die proliferationshemmende Wirkung von MPO in T-Zellen aufhob. Interessanterweise wurden MPO+-Lymphozyten in Tumorproben von Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) gefunden, und eine In-silico-Analyse zeigte einen Überlebensvorteil für Patienten mit NSCLC und niedriger MPO-Expression.
Zusammenfassend unterstreichen unsere Ergebnisse die Bedeutung von Neutrophilen und deren Enzymen in der Biologie von Lungenkrebs und tragen zum Verständnis der komplexen Rolle von diesen Zellen in Krebs bei. Insgesamt bietet diese Dissertation Ideen, wie Neutrophile und deren Moleküle als potenzielle Kandidaten für Diagnostik und therapeutische Ziele eingesetzt werden können.
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