| Einleitung: Die menschliche Plazenta ist ein transientes Organ, welches die adäquate Versorgung des Fetus gewährleistet. Die strukturelle Entwicklung und Funktion kann durch maternale oder fetale Erkrankungen gestört sein. Schwangerschaften, die durch mütterlichen Typ 1 Diabetes Mellitus (T1DM) beeinflusst werden sind, im Vergleich zu Typ 2 Diabetes Mellitus (T2DM) oder Gestationsdiabetes (GDM), selten. Aus diesem Grund haben Untersuchungen des Einflusses des T1DM auf die Plazenta einen geringeren Stellenwert in der Forschung. Die vorliegende Arbeit untersucht die plazentaren Veränderungen bei T1DM, unter besonderer Berücksichtigung der maternalen Glukoseeinstellung, definiert durch den Glykohämoglobin A-Wert (HbA1c).
Methoden: Für die vorliegende Arbeit wurde eine umfassende Literaturrecherche mit der Onlinedatenbank ‚PUBMED‘ durchgeführt. Die Zusammenfassungen wurden auf ihre Relevanz in Hinblick auf die Untersuchung von T1DM und Plazenta geprüft. Anschließend wurden die Arbeiten vollständig analysiert und anhand der HbA1c-Werte kategorisiert. Ein exzellent eingestellter T1DM wurde definiert als HbA1c ≤6%, ein gut eingestellter als 6.1-7% und eine nicht optimale Glukosekontrolle als HbA1c >7%. Es wurde der Einfluss des Durchschnittswertes in der Schwangerschaft sowie der Einfluss zu bestimmten Zeitpunkten untersucht. Die Nebenziele der Arbeit waren die Darstellung der Entwicklung des Plazentagewichtes für den Zeitraum zwischen 1960 und 2017, der Einfluss des fetalen Geschlechts auf die Plazenta sowie die Entstehung oxidativen und nitrosativen Stresses in der Plazenta.
Ergebnisse: Die häufigsten plazentaren Veränderungen bei T1DM sind erhöhtes Plazentagewicht, Zottenunreife sowie strukturelle vaskuläre Veränderungen. Diese zeigen sich auch in Plazenten von Müttern mit exzellent eingestelltem (≤6%) T1DM. Der Einfluss des HbA1c-Wertes auf die Plazenta zu bestimmten Zeitpunkten der Schwangerschaft ist in der aktuellen Studienlage nicht eindeutig zuzuordnen. Jedoch ist der aus den Studien errechnete Durchschnittswert des HbA1c mit 7,3% im ersten Trimester, im Vergleich zum zweiten (6,3%) und dritten (6,4%) Trimester deutlich erhöht. Das Plazentagewicht fluktuierte für den untersuchten Zeitraum zwischen 1960 und 2017. Mit 637g war für die Dekade zwischen 2001 und 2010 der höchste Durchschnittswert zu verzeichnen. Das männliche fetale Geschlecht ist ein Risikofaktor für die Entstehung histopathologischer Veränderungen der Plazenta bei Gesunden und T1DM. Des Weiteren verursacht maternaler T1DM oxidativen und nitrosativen Stress in der Plazenta.
Konklusion: Die Ergebnisse zeigen, dass auch ein exzellent eingestellter T1DM zu plazentaren histopathologischen Veränderungen führen kann. Trotz der unsicheren Studienlage kann vermutet werden, dass der mütterliche HbA1c im ersten Trimester einen größeren Einfluss auf die Plazenta hat, als im zweiten oder dritten Trimester. Die Korrelation zwischen dem präkonzeptionellen HbA1c-Wert und Plazentaveränderung bei T1DM wurde bisher nicht untersucht. Für die Untersuchung dieses Zusammenhangs sind Studien notwendig. Plazentarer oxidativer und nitrosativer Stress könnte der zugrundeliegende Mechanismus für die strukturellen Gefäßveränderungen sein. |