| Hintergrund: PatientInnen mit Leberzirrhose neigen zu Infektionen durch Bakterien aus dem Gastrointestinaltrakt, dies steht vermutlich mit einer gestörten Barrierefunktion der Darmschleimhaut in Zusammenhang. In früheren Studien mit ZirrhotikerInnen zeigte sich eine verstärkte Durchlässigkeit des Darmes für Substanzen, die über den parazellulären Transportweg aufgenommen werden. Da die Substanzaufnahme über diesen Weg vor allem durch Tight Junctions reguliert wird, liegt die Vermutung nahe, dass diese an der veränderten Darmdurchlässigkeit beteiligt sind. Studien, welche die ultrastrukturellen Veränderungen der Darmschleimhaut beleuchten sind rar und haben unterschiedliche, zum Teil widersprüchliche Resultate gezeigt.
Methoden: In die Studie wurden zwölf PatientInnen mit Zirrhose im Früh- (n = 7) bzw. Spätstadium (n = 5) und zehn Kontrollen eingeschlossen. Es wurden Biopsien aus dem unteren Dünndarm entnommen und anschließend licht- und elektronenmikroskopisch untersucht. Strukturelle Veränderungen der Darmschleimhaut, vor allem im Bereich der Tight Junctions, wurden mit dem Vorliegen funktioneller Veränderungen verglichen, die mit Hilfe des Sucrose/Lactulose/Mannitol Tests untersucht wurden.
Ergebnisse: In der Lichtmikroskopie zeigten sich ausgeweitete Interzellularspalten (in den basalen Abschnitten der Enterozyten) & ein vakuolisiertes Zytoplasma der Epithelzellen an den Villi-Spitzen, abgeschilferte Villi, Ödem & Fibrose in der Lamina propria und ein größerer Durchmesser der Kapillaren bei den ZirrhotikerInnen. Die Lactulose/Mannitol Ausscheidungsrate war bei ZirrhotikerInnen erhöht. Die Elektronenmikroskopie zeigte gewahrte Zellverbindungen in den luminalen Bereichen der Enterozyten mit morphologisch erhaltenen Tight Junctions. Ein verbreiterter Tight Junctions-Spalt wurde nur in Epithelabschnitten mit untergehenden Zellen oder basal auseinandergedrängten Zellen beobachtet. Die Dichte des umliegenden Aktomyosin-Komplexes war auch in ansonsten unauffälligen Bereichen bei ZirrhotikerInnen erhöht. Die Mikrovilli erschienen kürzer und weniger dicht gestaffelt; deformierte Mikrovilli wurden nur an untergehenden Enterozyten beobachtet.
Fazit: Von den in der Lichtmikroskopie gefundenen Veränderungen (ödematös aufgelockertes Epithel, vakuolisiertes Zytoplasma, abgeschilferte Villi, Ödem & Fibrose in der Lamina propria, kapilläre Stauung) korrelierte lediglich die Anzahl denudierter Villi mit einer erhöhten Lactulose/Mannitol Ausscheidungsrate. Erst bei fortgeschrittener Zirrhose wurde ein erniedrigter Mannitolwert im Harn festgestellt, der wahrscheinlich mit einer bei diesen PatientInnen erniedrigten Villi/Krypten-Ratio in Zusammenhang steht. Die Elektronenmikroskopie zeigte einen verbreiterten Tight Junctions-Spalt in Epithelbereichen mit basal auseinandergedrängten Zellen; hierbei zeigte sich eine Tendenz zur Korrelation mit der Lactulose/Mannitol Ausscheidungsrate. Weitere Untersuchungen in einer größeren Kohorte werden derzeit durchgeführt, um die Bedeutung der nachgewiesenen und angedeuteten Veränderungen weiter zu klären. |