| Die Darm-Gehirn-Achse beschreibt die bidirektionale Kommunikation zwischen Darm und Gehirn, die für die Gesundheit sowohl des Gastrointestinaltrakts als auch des Zentralnervensystems eine Rolle spielt.Dieses Konzept wurde kürzlich noch erweitert durch die Mikrobiota als einen ausschlaggebenden Knotenpunkt in der Kommunikation zwischen beiden Organen.Der Austausch zwischen Darm und Gehirn findet über viele Wege statt, wobei speziell neuronale, hormonale und immunologische Bahnen zu nennen sind.Manche mikrobiellen Komponenten, wie zum Beispiel Lipopolysaccharid, aktivieren das Immunsystem und können dadurch Angststörungen und Depression auslösen und das Sozialverhalten verändern.Klinische Studien konnten zeigen, dass das Profil der Darmmikrobiota in vielen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen verändert ist.Dies führte zur Hypothese, dass eine gestörte Mikrobiota (Dysbiose) ein pathogenetischer Faktor bei diesen Krankheiten ist.Antibiotika-induzierte Dysbiose-Modelle erlangten zunehmend Bedeutung für die Erforschung von Kausalzusammenhängen in der Mikrobiota-Wirt Interaktion.Es gibt jedoch bis jetzt kein etabliertes und validiertes Antibiotika-induziertes Dysbiose-Modell.Überdies wurden die verschiedenen Modelle nicht eingehend charakterisiert, da die Studien sich meist auf einzelne Aspekte der mikrobiellen Veränderungen konzentriert haben.Um die Kommunikation zwischen Darmmikrobiota und Gehirn genauer zu untersuchen, wurde ein Antibiotika-induziertes Dysbiose-Modell in adulten männlichen C57BL/7N Mäusen entwickelt. Dieses wurde im Hinblick auf die Zusammensetzung des Darmmikrobioms, das Metabolitenprofil in Kolon und Plasma, Veränderungen in den mRNA-Expressionsmustern in Kolon und Gehirn sowie emotionale, affektiven und kognitiven Verhaltensänderungen genau charakterisiert. Da Verhaltensänderungen durch das bakterielle Protein Flagellin noch nicht untersucht sind, wurde das Angstverhalten nach Verabreichung von Flagellin an adulte männliche C57BL/7N Mäuse analysiert.Eine Antibiotika-induzierte Dysbiose wurde durch die orale Gabe von 5 Antibiotika über 11 Tage induziert. Die Antibiotika-induzierte Dysbiose zeigte sich in einer markanten Veränderung der mikrobiellen Zusammensetzung und einer deutlichen Reduktion der bakteriellen Masse. Darüber hinaus sorgte die Dysbiose für ein verändertes Metabolom-Profil im Kolon und Plasma ohne Entwicklung einer offensichtlichen Entzündung. Die Antibiotika-induzierte Dysbiose führte zu einer Beeinträchtigung des Gedächtnisses für Wiedererkennung, während räumliches Erinnerungsvermögen sowie Ängstlichkeit und Depressionsverhalten unverändert blieben. Zusätzlich war die Expression von neuronalen Signalmolekülen im Gehirn der Antibiotika-behandelten Mäusen deutlich verändert.Das Darmmikrobiom stellt die größte Quelle für bakterielle Komponenten im Körper dar. Manche dieser Moleküle können an Rezeptoren des angeborenen Immunsystems binden und dadurch eine Immunreaktion auslösen. Da eine Aktivierung des Immunsystems in Zusammenhang mit psychiatrischen Erkrankungen wie etwa Angststörungen steht, wurde außerdem untersucht, ob Flagellin einen Einfluss auf das Verhalten hat. Die intraperitoneale Gabe von Flagellin (200µg/kg) aus drei verschiedenen Bakterienarten (Bacillus subtilis, Salmonella typhimurium, Pseudomonas aeruginosa) führte jedoch zu keinen konsistenten Veränderungen der Ängstlichkeit.Zusammenfassend konnte die vorgelegte Dissertation die Kommunikation zwischen Darmmikrobiota und Gehirn auf mehreren Ebenen genauer analysieren.Die Ergebnisse zeigen insbesondere, dass eine Antibiotika-induzierte Dysbiose die Kognition der Mäuse beeinträchtigt, wobei ein verändertes Metabolitenprofil im Plasma und neurochemische Veränderungen in kognitionsrelevanten Gehirnarealen eine Rolle zu spielen scheinen.Die Veränderungen,welche in Antibiotika-behandelten Mäusen beobachtet wurden, decken sich teilweise mit Daten aus keimfreien Mäusen. |