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Bibliografische Informationen
 Einfluss von Stress und Kolitis auf die neuronale Plastizität im Amygdala-Hippocampus Netzwerk  
 Medizinischer Hintergrund und Zielsetzung: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen („IBDs“) sind ein häufiges Krankheitsbild mit einer unzureichend geklärten Pathophysiologie. Für den Krankheitsverlauf scheint Stress ein wichtiger Faktor zu sein, da er IBDs exazerbieren kann. Welche Rolle dabei die Darm-Gehirn-Kommunikation spielt, ist allerdings zum großen Teil unbekannt. In Tierversuchen, welche „environmental enrichment“ (EE), eine alternative Käfighaltung von Mäusen, verwenden, konnte gezeigt werden, dass diese Haltungsart die Fähigkeit mit Stress umzugehen verbessert. Welche Gehirnareale und welche molekularen Mechanismen für diesen Effekt zuständig sind, wurde allerdings nur unzureichend erforscht. Ob EE den Verlauf von gastrointestinalen Entzündungen beeinflusst, ist ebenfalls unbekannt. Auf Grund der komplexen Interaktion zwischen Stress und viszeraler Entzündung, stellte sich diese Dissertation der Aufgabe, die Rolle von Stress und vor allem die Stressverarbeitung im Gehirn im Verlauf gastrointestinaler Entzündungen zu charakterisieren. Methoden: In den Versuchen verwendete ich zwei Tiermodelle für viszerale Entzündung: „Dextran Sulfate Sodium“ (DSS)-induzierte Kolitis und „Iodoazetamid“ (IAA)-induzierte Gastritis. Ein Teil der Tiere wurde dem psychologischen Stressor „Water Avoidance Stress“ (WAS) ausgesetzt und/oder unter EE gehalten. Nach den Behandlungen quantifizierte ich die Anzahl der c-Fos- und FosB/ΔFosB-exprimierenden Zellen in verschiedenen Gehirnarealen, was als Maß für neuronale Aktivierung gilt. Weitere Messungen inkludierten Neuropeptid Y (NPY)-Expression, Struktur und Anzahl von hippocampalen Synapsen und verschiedene Tests für emotional-affektives Verhalten. Zur Überprüfung der Behandlungseffizienz von DSS und IAA wurde der Myeloperoxidasegehalt des Kolons sowie ein Krankheitsaktivitäts-Score bestimmt.

Ergebnisse: Die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit sind: 1) WAS erhöht die neuronale Aktivität im Gehirn. 2) Die WAS-induzierte neuronale Aktivierung wird durch viszerale Entzündung gehemmt. 3) EE modifiziert die WAS-induzierte neuronale Aktivierung des Hippocampus und der Amygdala in entgegengesetzter Art und Weise. 4) EE erhöht die hippocampale NPY-Expression und modifiziert die Anzahl der FosB/ΔFosB-exprimierenden Zellen, verändert aber nicht die Struktur oder Anzahl von Synapsen im Hippocampus. 5) EE verschlechtert den Krankheitsverlauf einer Kolitis und beeinflusst die WAS-induzierte neuronale Aktivität im Gehirn unter entzündlichen Bedingungen. 6) WAS, aber nicht Kolitis, verändert emotional-affektives Verhalten. 7) WAS und Kolitis modifizieren die NPY-Expression im Hippocampus, Amygdala und Hypothalamus auf unterschiedliche Art.

Fazit: Es konnte gezeigt werden, dass viszerale Entzündung mit signifikanten molekularen Veränderungen im Gehirn einhergeht. Dies legt nahe, dass eine veränderte Darm-Gehirn-Kommunikation im Verlauf gastrointestinaler Entzündungen die Gehirnfunktion beeinträchtigt. Aus translationaler Sichtweise liefern diese Daten weitere Erklärungsansätze, wie Stress den Verlauf von IBDs negativ beeinflusst. Vor allem die beobachteten Veränderungen im limbischen System erklären, warum die Verarbeitung von Emotionen bei IBD-Patienten verändert ist.

Außerdem erweitern diese Daten die Vorstellung, wie EE die negativen Konsequenzen von Stress reduziert. Im Einklang mit dem derzeitigen Wissensstand wurde der Hippocampus als die Struktur identifiziert, welche die meisten Veränderungen nach EE zeigt. Speziell der Befund, dass hippocampales NPY durch EE erhöht wird, bietet eine Erklärung, wie EE den Umgang mit Stress verbessert. Überraschenderweise verschlechtert EE den Krankheitsverlauf einer Kolitis, was im Gegensatz zu positiven Effekten von EE in anderen Krankheitsmodellen steht. Dieser Befund könnte durch die bekannten immunmodulatorischen Eigenschaften von EE erklärt werden, muss jedoch noch weiter untersucht werden.  
   
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 2014  
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Autorinnen*Autoren / Co-Autorinnen*Co-Autoren
  Reichmann, Florian; Dr.med.univ.
Betreuende Einrichtung / Studium
  Lehrstuhl für Pharmakologie
 UO 094 202 PhD-Studium (Doctor of Philosophy); Humanmedizin  
Betreuung / Beurteilung
  Holzer, Peter; Univ.-Prof. Mag.rer.nat. Dr.phil.
  Leitinger, Gerd; Univ.-Ass. Priv.-Doz. Mag. Dr.rer.nat.