| Bei der postnatalen Adaptation Neugeborener kommt es zu komplexen physiologischen Veränderungen in verschiedenen Organsystemen wie Lunge oder Herz-Kreislaufsystem. Zu Umstellungen nach der Geburt kommt es aber auch im vulnerabelsten aller Organe, dem Gehirn. Aufgrund der prognostischen Relevanz gilt der zerebralen Durchblutung und ihren Änderungen in der unmittelbaren postnatalen Adaptationszeit ein besonderes wissenschaftliches Interesse. Unter anderem ist die Verwendung der Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) zur Bestimmung relativer Änderungen des zerebralen Blutvolumens (CBV) eine Möglichkeit die zerebrale Perfusion in der Adaptationszeit zu evaluieren. Bis zur Veröffentlichung der CBV-Studie gab es keine Daten zum physiologischen Verhalten des CBV unmittelbar nach der Geburt. Unter Verwendung von NIRS konnten wir in dieser Studie zeigen, dass es bei gesunden Reifgeborenen nach der Geburt zu einem signifikanten Abfall des CBV in den ersten 15 Lebensminuten kommt. Wir vermuten als zugrundeliegende Ursache für diese Beobachtung eine reaktive Vasokonstriktion in Folge von postnatalen Blutgasänderungen.
Unsere Studiengruppe konnte kürzlich zeigen, dass bei Frühgeborenen, die unmittelbar nach der Geburt eine Atemunterstützung benötigten, die zerebrale Oxygenierung im Vergleich zu normal adaptierenden Frühgeborenen signifikant niedriger war. Vor diesem Hintergund haben wir die CBV_RESUP-Studie (Cerebral Blood Volume in infants receiving REspiratory SUPport during neonatal transition study) durchgeführt, in welcher der postnatale Verlauf des CBV bei Früh- und Reifgeborenen mit und ohne Atemunterstützung untersucht wurde, um den potenziellen Einfluss einer Atemunterstützung auf die zerebrale Perfusion zu beleuchten. Es zeigte sich ein Absinken des CBV in der Gruppe von Neugeborenen mit komplikationsloser Adaptation sowie in jener Gruppe, in welcher die Neugeborenen postnatal eine Atemunterstützung benötigten. Allerdings war die Veränderung des CBV bei den beatmeten Neugeborenen in den ersten sieben Lebensminuten weniger stark ausgeprägt. Ob jedoch der Zustand des Neugeborenen, welcher zur Beatmungsnotwendigkeit geführt hat, oder die Atemunterstützung selbst die gefundenen Unterschiede der zerebralen Perfusion erklären, konnte mit der CBV_RESUP-Studie vorerst nicht beantwortet werden.
Die in dieser Arbeit präsentierten Ergebnisse sind die ersten, welche physiologische Änderungen des CBV in der postnatalen Adaptationszeit bei gesunden Reifgeborenen und ein davon abweichendes Verhalten des CBV bei Früh- und Reifgeborenen aufzeigen, die unmittelbar nach der Geburt mittels Atemunterstützung versorgt werden mussten. Diese Daten sind von großem wissenschaftlichen Interesse insbesondere vor dem Hintergrund, dass Störungen der zerebralen Perfusion als wichtiger Faktor bei der Entstehung von beatmungsinduzierten Gehirnschäden diskutiert werden, die bereits bei der initialen Beatmung im Rahmen der Erstversorgung im Kreißsaal auftreten können. |