| Präzisionsonkologie ist auf die Umsetzung molekularer Daten in geeignete Therapien für Krebspatienten angewiesen. Mit der wachsenden Komplexität der auf neuen Sequenziertechniken (engl. Next-generation sequencing (NGS)) basierenden Tests hat sich die klinische Interpretation somatischer Genommutationen jedoch zu einer gewaltigen Aufgabe entwickelt. Aus diesem Grund sind präzise onkologische Wissensdatenbanken und in jüngerer Zeit auch klinische Entscheidungshilfen immer nützlicher geworden, um komplexe NGS-Daten zur Identifizierung medikamentös behandelbarer Targets zu annotieren. Diskrepante Varianteninterpretation unter den Open-Source-Knowledgebases hat in jüngster Zeit zu Harmonisierungsbemühungen geführt, und in dieser Hinsicht haben wir versucht, den Leistungsstatus von drei prominenten kommerziellen klinischen Entscheidungsunterstützungs-Tools zu bewerten, nämlich NAVIFY® Mutation Profiler (NAVIFY; Roche), QIAGEN Clinical Insight (QCI™) Interpret (QIAGEN) und CureMatch Bionov™ (CureMatch). Um den aktuellen Status des jeweiligen Tumorgenoms zu erhalten, analysierten wir zellfreie DNA von Patienten mit metastasierendem Brustkrebs, kolorektalem oder nicht-kleinzelligem Lungenkrebs, indem wir Veränderungen der Anzahl somatischer Kopien evaluierten und parallel dazu ein 77-Gen-Panel einsetzten. Dann bewerteten wir die Übereinstimmung der Ansätze zur Ebenenklassifizierung zwischen NAVIFY und QCI und verglichen die Strategien zur Bestimmung der Aktionsfähigkeit zwischen allen drei Plattformen. Schließlich quantifizierten wir die Ausrichtung der Behandlungsvorschläge über alle Entscheidungs-Tools hinweg. Jede Plattform variierte in ihrer Art der Variantenklassifizierung und der Strategie zur Identifizierung medikamentös behandelbarer Ziele und klinischer Studien, was zu großen Diskrepanzen führte. Sogar die Häufigkeit übereinstimmender handlungsrelevanter Ereignisse bei den Klassifikationen der Stufen I-A oder I-B betrug beim Vergleich von NAVIFY mit QCI, NAVIFY mit CureMatch bzw. CureMatch mit QCI nur 4,3%, 9,5% und 28,4%, und die erhaltenen Behandlungsempfehlungen unterschieden sich drastisch. Dies ist die erste Studie, bei der die klinische Entscheidungsunterstützungsanalyse durch umfassendes genomisches Profiling der zirkulierenden Tumor-DNA eingesetzt wird, was eine potenzielle klinische Routineanwendung darstellt. Hierin werden detaillierte Beschreibungen von Diskrepanzen in der Pathogenität, der Aktionsfähigkeit und insbesondere der Ausrichtung des Behandlungs-Matchings gegeben. Diese Analysen zeigen, dass Behandlungsentscheidungen, die auf molekularen Markern basieren, derzeit willkürlich und abhängig von der gewählten Strategie zu sein scheinen. Folglich würden Tumoren mit identischen molekularen Profilen unterschiedlich behandelt, was die vielversprechenden Konzepte der genomisch informierten Medizin in Frage stellt. Unsere Analysen zeigen, wie komplex die Algorithmen für den Behandlungsabgleich sind. Da diese interpretierten Berichte im Mittelpunkt der Diskussionen des Molekularen Tumorboards stehen, sind die Ergebnisse sowohl für Onkologen als auch für Patienten relevant und können die klinische Versorgung stark beeinflussen. |