| Die sogenannte Liquid Biopsy, die sich auf die minimal-invasive Analyse von zirkulierenden Tumormarkern aus Blut und anderen Körperflüssigkeiten bezieht, stellt eine innovative Methodik zur Erkennung und Überwachung krebsspezifischer Veränderungen dar. Insbesondere die Analyse der zirkulierenden Tumor-DNA (ctDNA) hat ein großes klinisches Potenzial und wurde bereits bei vielen soliden Tumoren zur Überwachung des Behandlungserfolges während einer anti-tumoralen Therapie eingesetzt. Über einen potenziellen Nutzen von ctDNA bei Nierenzellkarzinomen (RCC) ist allerdings nur wenig bekannt. Dem Nierenzellkarzinom ist eine ausgeprägte pathologische und genetische Heterogenität inhärent, die Behandlungsentscheidungen erschwert und eine immense Hürde für die personalisiere Krebsmedizin darstellt.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde das Vorhandensein und die potenziellen klinischen Anwendungen der ctDNA in den Köperflüssigkeiten von PatientInnen mit RCC bestimmt. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf jenen PatientInnen, die sog. zielgerichtete Therapien erhielten, um die Fähigkeit der ctDNA zur longitudinalen Überwachung des Krankheitsverlaufs zu validieren.
Zunächst konzentrierten wir uns auf die Optimierung der Nachweisstrategien von ctDNA. Zu diesem Zweck fokussierten wir uns darauf, ctDNA-Fragmente auf der Grundlage der Fragmentlänge anzureichern, da diese Berichten zufolge kürzer sind als jene von zellfreier DNA aus hämatopoetischen Zellen. Eine in silico Größenselektion verbesserte die ctDNA-Detektion maßgeblich, mit mehr als zweifacher medianer Anreicherung in bestimmten Fällen. Weiters führten wir eine detaillierte Analyse von Baseline und longitudinalen Liquid Biopsy Proben durch, wobei wir eine Reihe hochmoderner Sequenzierungsansätze in zwei unabhängigen prospektiven klinischen Kohorten einsetzten, die das gesamte klinische Spektrum von Nierentumoren repräsentieren. Wir wandten zunächst eine Kombination aus genomweiten Methoden mit in silico Größenselektion auf Plasmaproben von PatientInnen mit metastasiertem RCC an. Unsere Daten zeigten niedrigere ctDNA-Konzentrationen in RCC im Vergleich zu anderen soliden Krebsarten mit ähnlicher Größe und ähnlichem Stadium, wobei bei insgesamt 32,6% der PatientInnen ctDNA nachgewiesen werden konnte. Zusätzlich konnte die Verwendung einer gezielten, hochauflösenden Methode, die sich auf die Analyse von zehn RCC-assoziierten Genen beschränkt, nicht die Detektion der genomweiten Methoden übertreffen (18,6%). Darüber hinaus zeigten genomweite Sequenzierungsverfahren, die auf Plasma- und Urinproben der zweiten Patientenkohorte ähnlich niedrige Nachweisraten (39,6%). Personalisierte Assays verbesserten jedoch die Detektion mit zunehmendem Erfolg (~50%). Insgesamt konnten wir zeigen, dass der ctDNA-Nachweis im Plasma bei PatientInnen mit größeren Tumoren und jenen mit venösen Tumorthromben wahrscheinlicher war. Trotz der relativ niedrigen Nachweisraten ergaben unsere Daten neue Einblicke in die Möglichkeiten der ctDNA für die minimal-invasive Beurteilung von RCC-Tumoren. Insbesondere die Analyse von > 200 longitudinalen Plasmaproben zeigte, dass die ctDNA-Dynamik in Abhängigkeit vom Krankheitsverlauf stark schwankte und daher für die Therapieüberwachung bei RCC verwendet werden kann. Schließlich konnte gezeigt werden, dass ctDNA aus dem Plasma und erstmals auch aus dem Urin in der Lage ist, die genetische Heterogenität besser aufzuzeigen als eine einzelne Gewebebiopsie.
Zusammenfassend zeigen diese Daten, dass in Köperflüssigkeiten der betroffenen PatientInnen mit Nierenzellkarzinom nur geringe Mengen von ctDNA zu finden sind. Diese umfassenden Ergebnisse geben einen Einblick in die Biologie von Nierenzellkarzinomen, und leisten einen wichtigen Beitrag zur Realisierung der personalisieren Krebsmedizin, die als hoffnungsvolles Instrument in der Onkologie gilt. |