| Die Wachstumsfuge ist eine Besonderheit des kindlichen Knochens. Sie befindet sich an beiden Enden von langen Röhrenknochen und steuert das Längenwachstum in einem hochkomplexen Prozess. Eine Verletzung, insbesondere traumatischer Natur oder bedingt durch Überbeanspruchung, kann diesen Prozess empfindlich stören. Die molekulren Mechanismen, die in der Wachstumsfuge beim Auftreten, während der Heilung, oder durch eine operative Versorungung aktiv sind bzw. aktiviert werden sind noch kaum erforscht.
Der erste Teil dieser Dissertation beschäftigt sich damit, das Proliferations- und Differenzierungsverhalten von Knorpelvorläuferzellen aus der kindlichen Wachstumsfuge in der entzündlichen Phase unmittelbar nach einer Verletzung zu untersuchen. Knorpelvorläuferzellen differenzieren in dieser frühen Heilungsphase Richtung Hypertrophie. Die Proliferationsrate bleibt dabei unbeeinflusst, sowohl chondrogene als auch osteogene Differenzierung werden gehemmt. Diese Differenzierung Richtung Hypertrophie ist mit großer Wahrscheinlichkeit der erste Schritt hin zu einer vorzeitigen Verknöcherung der Wachstumsfuge, ein Prozess, den es unter allen Umständen zu verhindern gilt. Aus den gewonnenen Daten geht hervor, dass dieser Prozess bereits unmittelbar nach einer Verletzung der Wachstumsfuge einsetzt.
Als nächstes wurde die Expression von MMPs in Knorpelzellen aus der kindlichen Wachstumsfuge in Anbhängigkeit von verschiedenen mechanischen Stimuli untersucht, um so mögliche Mechanismen, die am Entstehen von Überlastungsverletzungen im Kindesalter beteiligt sind, zu identifizieren. MMPs sind für das Remodeling der extrazellulären Matrix in der Wachstumsfuge sowie für die Durchblutung verantwortlich, zwei Faktoren die für ein ungestörtes Längenwachstum unbedingt erforderlich sind. Meine Untersuchung zeigte, dass die MMP Expression abnahm, wenn die Knorpelzellen physiologichen Belastung ausgesetzt wurde. Dies bedeutet, dass sich die Zellen in einem anabolen Zustand befinden, in dem die enchondrale Ossifikation ungestört ablaufen kann. Sobald die Knorpelzellen sehr starken mechanischen Belastungen ausgesetzt wurden, exprimierten sie signifikant mehr MMPs. Dies zeigt, dass starke mechanische Belastung die Degradation von extrazellulärer Matrix und die Vaskularisation der Wachstumsfuge beschleunigt. Dieser erhöhte Turnover in der Wachstumsfuge wiederum begünstigt die Entstehung von Überlastungsverletzungen. Die Expression von MMPs war außerdem verstärkt, wenn eine physiologische Belastung für einen längeren Zeitraum, nämlich für 24 h, auf die Knorpelzellen wirkte. Dieses Phänomen war bisher unbekannt und zeigt, dass physiologische Belastungen, wenn sie lange genug wirken, denselben Effekt haben wie sehr starke Belastungen in kurzer Zeit.
Im letzten Teil der Dissertation wurden die Auswirkungen einer schnell und einer langsam resorbierbaren Magnesiumlegierung auf humane Knorpelzellen aus der Wachstumsfuge und auf Knochenzellen untersucht. Magnesiumlegierungen sind vielversprechende Materialien, wenn es darum geht, resorbierbare Implantate zur Anwendung in der Kindertraumatologie zu entwickeln. Resorbierbare Materialien haben den Vorteil, dass keine 2. Operation notwendig ist um sie aus dem Körper zu entfernen. Eine 2. Operation zu vermeiden wäre insbesondere bei Kindern wichtig, denn für sie bedeutet eine Operation und der damit verbundene Krankenhausaufenthalt eine große psychischen und physische Belastung. In meiner Untersuchung konnte ich zeigen, dass die Magnesiumlegierungen sowohl von Knorpelzellen als auch von Knochenzellen gut vertragen werden. Die langsamer degradierende Magnesiumlegierung zeigte dabei eine bessere Verträglichkeit als die schnell degradierende Legierung. Allerdings beinhaltet die langsam degradierende Legierung Yttrium. Yttrium ist eine seltene Erde und hat potentiell neurotoxische Eigenschaften, die jedoch noch nicht vollständig geklärt sind. |