| Hintergrund/Ziel. Gutartige und niedriggradig maligne Knochentumore werden üblicherweise mittels intraläsionaler Curettage behandelt. In weiterer Folge kann der knöcherne Hohlraum leer belassen oder mit autologen oder allogenen Knochenersatzmaterialien aufgefüllt werden. Der Einsatz künstlicher Knochenersatzstoffe im Anschluss an die Curettage von Knochentumoren erfreut sich steigender Beliebtheit, da diese im Gegensatz zu autologen Knochenersatzstoffen keine Morbidität an der Entnahmestelle mit sich bringen. Zahlreiche künstliche Knochenersatzstoffe sind verfügbar, darunter demineralisierte Knochenmatrix, Knochenersatzexpander und knochenmorphogenetische Proteine.
Das Ziel der vorliegenden retrospektiven Analyse lag darin, das ossäre Integrationsprofil des künstlichen Knochenersatzstoffs Cerasorb® (Curasan-AG, Kleinostheim, Deutschland), einem Beta-Tricalcium-Phosphat in Granulat-Form, zu evaluieren, und potenzielle damit assoziierte Komplikationen aufzuzeigen.
Material & Methoden. Insgesamt 55 Patient*innen, welche an gutartigen und niedriggradig malignen Knochentumoren erkrankt waren, wurden zwischen 2018 und 2021 an der Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie der Medizinischen Universität Graz mittels Curettage und Auffüllung des knöchernen Hohlraums mit dem künstlichen Knochenersatzstoff Cerasorb® behandelt. Klinische Folgeuntersuchungen inklusive Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen erfolgten sechs Wochen, drei Monate, sechs Monate und zwölf Monate postoperativ. Sämtliche Operationen wurden von erfahrenen Tumororthopäd*innen durchgeführt. Die Parameter, welche im Rahmen dieser Studie erhoben wurden, beinhalteten die Zeit bis zur knöchernen Konsolidierung, Lokalrezidiv-Raten und Komplikationen. Chirurgische Komplikationen wurden anhand des Klassifikationssystems von Goslings und Gouma analysiert. Die ossäre Integration wurde entsprechend des modizierten Neer-Scores erhoben.
Ergebnisse. 43 Patient*innen standen für die Nachkontrollen und die definitive Auswertung im Rahmen dieser Studie zur Verfügung. 12 Patient*innen erschienen nicht zur geplanten Kontrolluntersuchung und konnten weder telefonisch noch postalisch erreicht beziehungsweise überzeugt werden, weitere Kontrollen an der Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie der Medizinischen Universität Graz durchführen zu lassen, sodass ihre Ergebnisse im Rahmen der Studie nicht evaluiert werden konnten. Die Knochentumoren, an denen die in die Studie eingeschlossenen Patient*innen litten, umfassten Enchondrome (n=14), atypische cartilaginäre Tumoren (n=17), simple Knochenzysten (n=4), Chondroblastome (n=4), sowie je einen Fall einer fibrösen Dysplasie, eines intraossären Ganglions, einer Langerhanszell-Histiozytose und einer Rosai-Dorfman Erkrankung. Das mittlere Alter zum Zeitpunkt der Operation betrug 42 Jahre (Range 15-70 Jahre). 21 (48.9%) Patient*innen waren männlich, während 22 (51.2%) weiblich waren. Nach einem mittleren Follow-up Intervall von 14.6 Monaten (Range 3-35 Monate) nach Curettage und Auffüllung der Knochentumoren zeigten alle Patient*innen zumindest eine partielle radiologische Konsolidierung. Eine komplette ossäre Integration wurde bei 11.9% der Patient*innen beobachtet; bei 88.1% der Patient*innen war eine teilweise ossäre Integration sichtbar. Bei vier Patient*innen, von denen zwei Tumoren des distalen Femurs und zwei Tumoren der Humerus-Diaphyse aufwiesen, kam es innerhalb von sechs Wochen nach dem Primäreingriff zu Frakturen. In allen vier Fällen konnte eine komplikationslose Plattenosteosynthese durchgeführt werden. Während des Follow-up Intervalls konnten bei sämtlichen eingeschlossenen Patient*innen keine weiteren Komplikationen beobachtet werden.
Schlussfolgerungen. Zusammenfassend scheint es sich bei dem Beta-Tricalcium-Phosphat Cerasorb® basierend auf dieser Kurzzeitbeobachtung um einen verlässlichen Knochenersatzstoff zu handeln, der mit niedrigen Komplikationsraten einhergeht und der eine geeignete Alternative zu autologen oder allogenen Knochenersatzstoffen darstellt. Dennoch weist er eine Tendenz zur verzögerten ossären Integration auf. Die Anwendung von Cerasorb® scheint bei kleineren Läsionen mit einer Größe von unter 5 cm sicher zu sein. Aus unseren Daten ist jedoch abzuleiten, dass bei knöchernen Defekten mit einer Größe von über 5 cm eine Schutzverplattung durchgeführt werden sollte. Dies gilt unabhängig von der Lokalisation des Tumors in der oberen oder der unteren Extremität. |