| Entzündungsfördernde Zytokine stehen in einem ursächlichen Zusammenhang mit psychiatrischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen. Während verschiedene Mechanismen für die erhöhte Prävalenz von Immunmarkern in psychiatrischen PatientInnen verantwortlich sein könnten, ist die Gesamtheit der Mikroorganismen, die den Darm bewohnen – das intestinale Mikrobiom – eine potentielle Quelle immunaktivierender Substanzen, die das systemische Immunsystem beeinflussen. Bakterielle Zellwandbestandteile aktivieren das Immunsystem, indem sie Rezeptoren wie die "Toll-Like Receptors" (TLRs) oder "Nuclear-Binding Domain (NOD)-Like Receptors"(NLRs) aktivieren. Lipopolysaccharide (LPS) sind Bestandteile der äußeren Membran gram-negativer Bakterien und induzieren durch Aktivierung des TLR4 eine starke Immunantwort, die mit Verhaltensveränderungen wie Krankheitsverhalten, Ängstlichkeit und depressionsartigem Verhalten einhergehen. Im Gegensatz dazu lösen NOD-Agonisten eine schwächere Immunantwort aus, sind aber in der Lage, die durch LPS ausgelöste Zytokinausschüttung der Immunzellen zu verstärken. Da Verhaltensänderungen durch eine Koaktivierung von NOD und TLR4 bisher nicht im Detail untersucht wurden, hatte diese Dissertation zum Ziel, die immunologischen und zentralen Auswirkungen des NOD1-Agonisten FK565 und des NOD2-Agonisten Muramyl-Dipeptid (MDP) allein und in Kombination mit LPS an C57BL/6N Mäusen zu untersuchen. Während die alleinige Verabreichung der ausgewählten NOD-Agonisten nur geringfügige Auswirkungen auf das Verhalten hatte, löste eine intraperitoneale Injektion von FK565 (0,001 oder 0,003 mg/kg) oder MDP (1 oder 3 mg/kg) 4 Stunden vor jener von LPS (0,1 oder 0,83 mg/kg) ein - im Vergleich zu LPS allein - deutlich gesteigertes und verlängertes Krankheitsverhalten aus, das sich durch eine Einschränkung der Lokomotion, Exploration, Nahrungsaufnahme und Körpertemperatur ausdrückte. Dieses verstärkte Krankheitsverhalten war mit erhöhten Werten entzündungsfördernder Zytokine (IFN-γ, IL-1β, IL-6, TNF-α) im Gehirn und Blut, sowie erhöhter zirkulierender Kynurenin-Werte verbunden. Der immunhistochemische Nachweis von c-Fos, einem Marker neuronaler Aktivitätsveränderung, deutete darauf hin, dass ein Synergismus zwischen NOD2 und TLR4 die Aktivität jener Hirnregionen beeinflusste, die eine Rolle in der Reaktion des Körpers auf Immunaktivierung spielen. Die hauptsächlichste Quelle von TLR- und NOD-Agonisten im Körper stellt das intestinale Mikrobiom dar. Deshalb interessierte, welche verhaltensmäßigen Effekte eine durch Antibiotikagabe ausgelöste Dsybiose des Darmmikrobioms hat. Nach Testung verschiedener Antibiotika stellte sich heraus, dass die Verabreichung einer Kombination aus Ampicillin (2 mg/ml), Bacitracin (5 mg/ml), Meropenem (1 mg/ml), Neomycin (5 mg/ml) und Vancomycin (0.3 mg/ml) mit dem Trinkwasser das Mikrobiom des Kolon nahezu vollständig auslöschte. Gleichzeitig wurden anxiolytische und depressionsartige Verhaltenseffekte beobachtet und die Kognition beeinträchtigt. Außerdem führte die Zugabe der genannten Antibiotika in das Trinkwasser zu einer Einschränkung der Flüssigkeitsaufnahme und zu Gewichtsverlust. Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass NOD1 und NOD2 synergistisch mit dem TLR4 zu einer Verstärkung der immunologischen und verhaltensmäßigen Effekte einer peripheren Immunstimulierung führen. Weiters wurden durch die Beseitigung des intestinalen Mikrobioms Verhaltensänderungen erzielt, die dem Verhalten keimfreier Mäuse ähneln. Ob die Veränderungen des Mikrobioms ursächlich an den beobachteten Verhaltensänderungen beteiligt sind, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig beantwortet werden, da die potentiellen Nebenwirkungen der Antibiotikabehandlung noch genauer untersucht werden müssen. |