| Die forensische Altersschätzung bei Lebenden ist in jüngster Zeit durch die stetige Zunahme der grenzüberschreitenden Migration in den Vordergrund der forensischen Forschung gerückt. Derzeit basiert das in vielen Ländern etablierte Standardverfahren für die forensische Altersschätzung auf radiologischen Untersuchungen unter Verwendung ionisierender Strahlung. Die hauptsächlich untersuchten Körperregionen sind die Hand, die Schlüsselbeine und die dritten Molaren. Die Bewertung stützt sich auf die Entwicklungsstadien der Knochen und Zähne. Die Verwendung ionisierender Strahlung zum Zwecke der forensischen Altersschätzung ist jedoch aufgrund fehlender medizinischer Indikation Gegenstand kontroverser Diskussionen. Daher ist u.a. die Suche nach radiologischen Untersuchungen ohne ionisierende Strahlung ein wichtiger Schwerpunkt der forensischen Forschung. Ziel dieser Arbeit war es, die 3T Magnetresonanztomographie (MRT) als alternative Methode für das Altersschätzungsverfahren zu untersuchen. Für die Auswertung radiologischer Daten sollten etablierte Klassifizierungssysteme verwendet und ein Datenmodell für die Kombination der drei Regionen gefunden werden. Die vorgestellte Arbeit kann in vier Teile unterteilt werden: Auswertungen der drei genannten Einzelregionen und eine Kombination der Regionen im Sinne einer multifaktoriellen (Alters) Analyse. Für das gesamte Projekt wurden 338 männliche Kaukasier im Alter von 13 - 25 Jahren (Altersbereich: 13,01 – 24,98 Jahre, Median: 18,90 Jahre, Mittelwert: 18,93 Jahre, Standardabweichung: 3,28 Jahre) prospektiv mit einem 3T~MR-Scanner untersucht. Für die linke Hand und das Handgelenk, die beiden Schlüsselbeine und die dritten Molaren wurden unterschiedlichen MR-Sequenzen verwendet. Die Analyse der MR-Datensätze wurde von verschiedenen Auswertern mit etablierten Klassifizierungssystemen durchgeführt. Der Greulich-Pyle Atlas wurde zur Hand- und Handgelenksbewertung verwendet, das mediale Ende der Schlüsselbeine wurde unter Verwendung der Schmeling- und Kellinghaus-Stadien analysiert, und schließlich wurden die dritten Molaren unter Verwendung der von Demirjian bzw. Olze eingeführten Klassifikationen bewertet. Die statistische Analyse der einzelnen Regionen erfolgte mit einer Übergangsanalyse und/oder deskriptiver Statistik. Für die multifaktorielle Kombination wurde eine Übergangsanalyse mit einem „Latent trait“-Ansatz unter Berücksichtigung des Bayes-Theorems angewendet. Die Ergebnisse zeigten die Anwendbarkeit der 3T~MRT für die einzelnen Regionen unter Verwendung der derzeit verwendeten Klassifizierungssysteme. Referenzwerte für Männer für die drei Regionen wurden präsentiert. Das verwendete Modell für die Kombination der drei Regionen zeigte gute Ergebnisse und war der Einzelbetrachtung der jeweiligen Regionen überlegen. Einschränkungen des Projekts sind hauptsächlich die männliche Kohorte kaukasischer Probanden und die langen MR-Akquisitionszeiten. Daher sind weitere Studien erforderlich, um auch Frauen sowie andere ethnische Gruppen zu untersuchen. Darüber hinaus sind Studien zur Verkürzung der MRT-Sequenzen notwendig, um die Implementierung der MRT in den Altersbewertungsprozess zu vereinfachen. |