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Bibliografische Informationen
 Retrospektive Studie zur Differentialdiagnose der supranukleären vertikalen Blickparese  
 Die supranukleäre vertikale Blickparese (svBP) ist eine Lähmung der konjugierten Augenbewegung in vertikaler Richtung. Involvierte zerebrale Regionen für vertikale Augenbewegungen sind größtenteils im oberen Hirnstamm lokalisiert, wodurch eine svBP ein typisches Symptom bei Läsionen des dorsalen Mittelhirns ist. Je nach Ausprägung und Lokalisationsort der Schädigung kann die svBP mit weiteren Augenbewegungsstörungen wie Konvergenzparesen, Nystagmen, Pupillenstörungen oder Skew Deviation einhergehen. Zu den häufigsten Ursachen der Blickparese zählen u.a. Parkinsonsyndrome sowie neurodegenerative, entzündliche, metabolische oder vaskuläre Erkrankungen. Das Vorhandensein einer svBP kann die Differentialdiagnose neurologischer Erkrankungen erleichtern.

Ziel dieser Studie war es die Häufigkeiten der Grunderkrankungen dieses Symptoms sowie möglicher Begleitsymptome zu untersuchen, supranukleäre bzw. nicht-supranukleäre Differentialdiagnosen sowie deren Unterscheidungsmöglichkeiten festzulegen sowie einen Überblick über die aktuell existierende Literatur zu schaffen. Dazu wurde eine retrospektive Datenanalyse unter Verwendung der elektronischen Krankenakten aller ambulanten und stationären Patient*innen, die im Zeitraum zwischen 2012 und 2022 an der Universitätsklinik für Neurologie Graz vorstellig waren, durchgeführt. Des Weiteren erfolgte eine Analyse der neurologischen Untersuchungen aller Patient*innen zur Ermittlung vorliegender neurologischer/okulomotorischer Begleitsymptome sowie eine strukturierte Literaturrecherche zur Überprüfung des aktuellen Forschungsstands.

Es konnten insgesamt 118 Patient*innen mit einem Durchschnittsalter von 67 Jahren (SD 15) mit einer vertikalen Blickparese (vBP) identifiziert werden. Die häufigste Ursache der svBP war die vaskuläre Genese (ischämische Infarkte, Blutungen, zerebrale Mikroangiopathie; n=44). Die zweithäufigste Ätiologie waren Parkinsonsyndrome (atypische Parkinsonsyndrome, Morbus Parkinson; n=41). Seltenere Differentialdiagnosen waren neurodegenerative Erkrankungen (n=9), entzündliche Erkrankungen (n=7), Ataxiesyndrome (n=6), kongenitale Ursachen (n=5), Raumforderungen (n=3) und sonstige Ursachen (n=3). Ebenfalls nicht-supranukleäre Ursachen wie das Miller-Fisher und Tolosa-Hunt Syndrom sowie eine chronisch progressive externe Ophthalmologie konnten ermittelt werden.

Nach detaillierter Analyse der Gruppe der Parkinsonsyndrome konnte die Progressive supranukleäre Blickparese (PSP) als häufigste Erkrankung (n=31) in dieser Gruppe ermittelt werden. Weitere atypische Parkinsonsyndrome (AP) waren die Multisystematrophie (n=1), Lewy-Body Demenz (n=3) und das Corticobasale Syndrom (n=1). Bei vier Patient*innen lag ein Morbus Parkinson (MP) vor. Drei der vier Patient*innen hatten eine Demenz bei Parkinsonkrankheit. Bei den AP trat die svBP durchschnittlich mit 74 Jahren (SD 7), nach einer Krankheitsdauer von 2 Jahren (SD 3), auf. Bei MP trat die svBP durchschnittlich mit 82 Jahren (SD 9), nach einer Krankheitsdauer von 7 Jahren (SD 9), auf. Es bestand hierbei kein statistisch signifikanter Unterschied. Bei 18 Personen mit AP lag eine svBP nach unten vor und bei 12 isoliert nach oben (fehlende Angaben: n=6). Bei drei Personen mit MP lag eine svBP isoliert nach oben vor (fehlende Angaben: n=1).

Die Literaturrecherche zeigte, dass in Bezug auf Fallberichte v.a. untypische bzw. seltene Krankheitsbilder thematisiert werden, während in Metaanalysen, Reviews und anderen Studien zumeist eine der häufigsten Ursachen wie Parkinsonsyndrome oder angeborene Erkrankungen wie der Morbus Niemann-Pick Typ C behandelt werden.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie decken sich zum Großteil mit den Ergebnissen aktueller Vergleichsstudien. Die häufigsten beiden Ätiologien der svBP sind zerebrovaskuläre Erkrankungen sowie Parkinsonsyndrome. Durch ihr plötzliches Auftreten lässt sich eine vaskuläre Genese der svBP meist gut von anderen Ätiologien unterscheiden. Tritt eine svBP zusammen mit einem Parkinsonsyndrom auf, ist die Ursache meist ein atypisches Parkinsonsyndrom, insbesondere dann, wenn diese bereits früh im Krankheitsverlauf besteht und es sich um eine svBP nach unten handelt. Je nach okulomotorischen und neurologischen Zusatzsymptomen sollten auch seltenere Differenzialdiagnosen in Betracht gezogen werden. Aufgrund der 30 gefundenen Diagnosen, bei denen eine vBP aufgetreten ist, stellt die vorliegende Arbeit einen guten Überblick über mögliche Differentialdiagnosen dieser Augenbewegungsstörung dar.

 
 supranukleäre vertikale Blickparese, dorsales Mittelhirn, Parkinsonsyndrome, vaskuläre Ursachen, Differentialdiagnosen, retrospektive Datenanalyse  
 
 2024  
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Autorinnen*Autoren / Co-Autorinnen*Co-Autoren
  Raber, Katharina
Betreuende Einrichtung / Studium
  Universitätsklinik für Neurologie
 UO 202 Humanmedizin  
Betreuung / Beurteilung
  Schwingenschuh, Petra; Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr.med.univ.
  Kern, Daniela; Dr.med.univ.