| Einleitung: Während kardiale Troponine in den aktuellen Leitlinien für die Diagnose des Myokardinfarkts (MI) eine essenzielle Rolle spielen, ist ihre Bewertung bei Patient*innen während der Hämodialyse (HD) Behandlung mit Unsicherheiten behaftet. Neben den allgemein erhöhten Ausgangswerten der beiden klinisch relevanten Subtypen, Troponin I und Troponin T in dieser Patient*innenpopulation führen verschiedene Dialysemembranen und Dialyseverfahren ebenfalls zu Veränderungen der Troponinwerte. Inwieweit diese Veränderungen eine klinische Rolle spielen, ist jedoch nicht abschließend geklärt. Durch die neuen Medium-Cut-Off-Membranen (MCO), die eine höhere Durchlässigkeit für mittelgroße Moleküle, ähnlich Troponin, aufweisen, ist die Bewertung weiter erschwert worden. All diese Faktoren führen zu einer Unsicherheit bei der Bewertung von intradialytisch gemessenen Troponinwerten bei HD-Patient*innen mit Anzeichen eines akuten Koronarsyndroms.
Methode: In dieser kontrollierten, randomisierten Studie wurden die Ausgangswerte des hochsensitivem kardialen Troponin I (hs-cTnI) und die Auswirkungen von vier verschiedenen Dialysemodalitäten (High-flux HD, Low-flux HD, MCO HD und Hämodiafiltration) auf die hs-cTnI-Werte in einem Cross-over-Studiendesign untersucht. Dabei wurden Blutproben für die hs-cTnI-Bestimmung zu Beginn, eine Stunde nach Dialysebeginn und am Ende jeder Behandlung entnommen und die Ausgangswerte des hs-cTnI sowie die Veränderung des hs-cTnI im Laufe der Dialysebehandlung analysiert.
Ergebnis: Insgesamt wurden 19 Patient*innen in die statistische Analyse einbezogen (10 [52,6 %] männlich; medianes Alter 66 (31-81) Jahre). Die hs-cTnI-Konzentration zu Beginn der HD-Behandlung war in 58,3 % aller Fälle über den Grenzwert für die Diagnose eines MI erhöht (Median 34,25 ng/l; IQR 15,25-121,96). Patient*innen mit kardiovaskulären Erkrankungen wiesen zudem höhere hs-cTnI-Werte auf als Patient*innen ohne kardiovaskuläre Erkrankungen (p<.001). Die HD mit High-Flux- und MCO Membranen sowie die Hämodiafiltration hatten keinen Einfluss auf die hs cTnI Werte in der ersten Stunde sowie über eine gesamte Behandlungsdauer (p>.05). Im Gegensatz dazu führte die HD mit Low-flux Membran zu einem Anstieg der hs-cTnI-Werte während einer Sitzung (Z=2,12; r =.499; p=.034), jedoch nicht während der ersten Stunde (p=.227). Nach der Korrektur der hs-cTnI-Werte für die Hämokonzentration, war auch diese Veränderung nicht mehr nachweisbar (p=.134).
Implikationen:Dialysesitzungen mit Low-Flux-Membranen können zu einem Anstieg des hs-cTnI führen und infolgedessen die Interpretation der hs-cTnI-Werte bei HD-Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) erschweren. Da bei allen Membranen Dynamiken in beide Richtungen auftreten, ist die Interpretation des hs-cTnI-Wertes bei Patient*innen, die sich einer HD unterziehen, mit einem hohen Risiko von Fehlinterpretationen behaftet. Da bei der Mehrzahl der HD-Patient*innen der hs-cTnI-Wert bereits vor dem Behandlungsbeginn über dem Cut-off-Wert für einen MI liegt, sollte die Interpretation der hs-cTnI-Werte in dieser Patientengruppe immer mit besonderer Vorsicht erfolgen.
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