| Hintergrund: Schon vor der orthotopen Lebertransplantation (OLT) leiden einige Patient/innen an einer chronischen Niereninsuffizienz (NINS). Die Wahrscheinlichkeit nach der OLT eine NINS zu entwickeln liegt bei 18% - 28%. Die Nierenfunktion wird in der klinischen Routine über die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) definiert. Eine genaue Diagnostik der Nierenfunktion ist in der klinischen Routine sehr schwierig, da die dafür geeigneten Verfahren – wie z.B. die Inulinclearance (IC) sehr zeit- und kostenintensiv sind. Aus diesem Grund werden zumeist Formeln zur Berechnung der glomerulären Filtrationsrate (eGFR) verwendet und diese überschätzen. Weiters wird vielen Medikamenten wie etwa den Calcineurin-Inhibitoren (CNI) eine nephrotoxische Eigenschaft attributiert, anderen Immunsuppressiva wie etwa den mTOR Inhibitoren, wird eine nierenschonender Wirkmechanismus unterstellt. Dies wurde bis jetzt allerdings nur mit Hilfe der eGFR ermittelt, aber noch nicht mit der gemessen GFR. Das Ziel dieser Studie war, die IC nach der OLT zu messen und diese zwischen Patient/innen, die mit mTOR-Inhibitoren bzw. CNI immunsupprimiert sind, zu vergleichen. Unter anderem wurden die Ergebnisse verschiedener Formeln die das Serumkreatinin und/oder das Serum-Cystatin C berücksichtigen untereinander, mit der IC und zwischen der mTOR-Gruppe und CNI-Gruppe verglichen.
Methoden: In der Studienkohorte befanden sich 79 Patient/innen. Die Nierenfunktion wurde zu Beginn der Studie, nach 12 Monaten und nach 24 Monaten gemessen. Das Serumkreatinin und Serum-Cystatin C wurden alle 6 Monate bestimmt. Zur Ermittlung der eGFR wurden folgende Formeln verwendet: Cockroft and Gault, MDRD-Kurzformel, CDK-EPI, CKD-EPI sCysC nach Stevens, GFR-Formel nach Hoek, GFR-Formel nach Larsson, CKD-EPI-Formel sCysC nach Inker, CKD-EPI-Formel sCr und sCysC nach Inker. Von einem Nierenschaden nach OLT spricht man definitionsgemäß ab einer gemessenen GFR < 60 ml/min. Nach KDOQI beginnt die pathologische Proteinurie bei 300 mg/d renaler Protein-Ausscheidung.
Resultate: Laut der IC lag die Nierenfunktion der mTOR-Gruppe und der CNI-Gruppe über die gesamten 24 Monate in etwa im gleichen Bereich. Keine der Formeln wies das gleiche Ergebnis auf. Zur Baseline wurde bei 46% der Studienteilnehmer/innen mit Hilfe der IC eine GFR < 60 ml/min/1,73m² festgestellt, nach 24 Monaten waren es 45%. 54% der mTOR-Gruppe und 41% der CNI-Gruppe wiesen zu Beginn einen Nierenschaden nach OLT auf. Nach 24 Monaten waren bei der mTOR-Gruppe 48% und bei der CNI-Gruppe 43% davon betroffen. Keine der Formeln erfasste alle Betroffenen. Jedoch schnitten die Formeln, die das Serum-Cystatin C verwenden besser ab. 50% der mTOR-Gruppe und 39% der CNI-Gruppe hatten zu Beginn eine Proteinurie > 300 mg/d. Nach 24 Monaten hatten 62% der mTOR-Gruppe und 42% der CNI-Gruppe eine Proteinurie > 300 mg/d.
Schlussfolgerung: Die mTOR-Inhibitor basierende Immunsuppression nach einer OLT weist keinen relevanten positiven Effekt auf das Langzeitüberleben auf. Da die Nierenfunktion der CNI-Gruppe im Durchschnitt sogar ein wenig zunahm, sollte man die gefürchtete starke Nephrotoxizität in Frage stellen. Weiters ist keine Formel zur Ermittlung der GFR nach einer OLT geeignet. Jedoch lieferten die Serum-Cystatin C Formeln genauere Ergebnisse.
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