| Hintergrund: Seit der Einführung von Next-Generation-Sequencing (NGS) als
diagnostisches Instrument für hämatologische Neoplasien konnten verschiedene
Mutationen als Risikofaktoren identifiziert werden. So auch bei myeloproliferativen
Neoplasien (MPN) wie der primären Myelofibrose (PMF). Neben den klassischen
driver-Mutationen in den Genen JAK2, CALR und MPL konnte gezeigt werden,
dass einige non-driver Mutationen (nDM) die Prognose von PMF-Patient:innen
negativ beeinflussen, indem sie sowohl das Gesamtüberleben (OS) als auch das
ereignisfreie Überleben (EFS) verschlechtern. Obwohl die pathophysiologische
Rolle solcher Mutationen bisher kaum definiert ist, wurden einige genetische
Aberrationen in Hochrisiko-Genen (HMR) wie ASXL1, SRSF2 und IDH1/2 in neuere
prognostische Scores aufgenommen. Ziel dieser Studie war es, den Einfluss sowie
mögliche Zusammenhänge klinischer und genetischer Parameter in einer
unselektierten Kohorte von PMF-Patient:innen, die an der Medizinischen
Universität Graz diagnostiziert wurden, zu untersuchen und die Ergebnisse mit
publizierten internationalen Daten zu vergleichen.
Methoden: In diese retrospektive Studie wurden 156 Patient:innen eingeschlossen,
bei denen zwischen 2015 und 2022 an der Medizinischen Universität Graz eine
PMF diagnostiziert wurde. Klinische und genetische Parameter wurden für alle
Patient:innen aus der elektronischen Datenbank MEDOCS entnommen und mittels
deskriptiver Statistik zusammengefasst. Überlebensraten wurden mittels Kaplan-
Meier-Kurven dargestellt. Die statistische Signifikanz wurde durch Log-Rank-Tests
und paarweise Vergleiche überprüft. Unabhängige Risikofaktoren für schlechtere
Überlebensraten wurden mittels Cox-Regression identifiziert.
Ergebnisse: Im Vergleich zu publizierten Daten beobachteten wir verbesserte 5 -
und 8 Jahres OS -, sowie EFS-Raten, was vermutlich auf einen höheren Anteil
klinischer low - und intermediate-1 Risiko Patient:innen in unserer Kohorte
zurückzuführen ist. Dennoch zeigte sich, dass Patient:innen mit einer JAK2-
Mutation, neben etablierten klinischen Risikofaktoren wie höherem Alter und
fortgeschrittenem Erkrankungsstadium, ein signifikant schlechteres OS und EFS im
Vergleich zu Patient:innen mit anderen driver-Mutationen aufwiesen. Auch die
Präsenz von mindestens einer nDM verschlechterte das OS signifikant im Vergleich
zu Patient:innen ohne eine solche Mutation. Dies führte weiters zu einem
unabhängig erhöhten Risiko für ungünstige Ereignisse wie leukämische
Transformation, Thromboembolien oder Tod. Eine genauere Analyse erlaubte
jedoch, aufgrund der geringen Fallzahlen in den jeweiligen Subgruppen, keine
Aussage über den Einfluss spezifischer Mutationen auf die Überlebensraten.
Schlussfolgerungen: Trotz der höheren Anzahl an Patient:innen mit Erkrankung
im Frühstadium als erwartet, konnten wir sowohl das Vorliegen einer JAK2 driver-
Mutation als auch das Vorhandensein zusätzlicher nDM als unabhängige
genetische Marker mit negativen Auswirkungen auf die Prognose, in einer
unselektierten Kohorte von PMF-Patient:innen bestätigen. Weitere Studien mit
größeren Kohorten sind jedoch notwendig, um den Einfluss spezifischer
(non-)driver Mutationen auf den Krankheitsverlauf bei PMF besser zu verstehen. |