| Einleitung 80% aller PatientInnen mit systemischer Krebserkrankung entwickeln spinale Knochenmetastasen. Neurologische Defizite, verursacht durch die Kompression von Nervenstrukturen, treten in 5 bis 10% dieser Fälle auf. Das 2-Jahres-Überleben nach Auftreten spinaler Metastasen variiert stark anhand der Tumorentität und beträgt zwischen 10 und 20%. Für die Entscheidungsfindung hinsichtlich konservativer oder chirurgischer Therapie bestehen keine Algorithmen mit Evidenzgrad I, jedoch prognostische Scores (Tokuhashi Revised, Modified Bauer Score), die eine Therapieempfehlung erlauben. Ein statistisch verifizierter Vorteil einer chirurgischen Intervention für nicht-lokale Endpunkte (Gesamtmortalität, Krankheitsprogredienz) wurde noch nicht ausreichend quantifiziert.
Methode Es wurde eine retrospektive Analyse von 1762 PatientInnen mit Wirbelsäulenmetastasen, welche zwischen 2004 und 2019 an der Univ.-Klinik für Orthopädie und Traumatologie Graz behandelt wurden, durchgeführt. Anschließend erfolgte ein statistischer Vergleich von PatientInnen mit oder ohne neurologischer Ausfallssymptomatik, welche einer Operation zugeführt wurden und jenen, die nicht operiert wurden, hinsichtlich Überlebensdauer, sowie neurologischer Symptomatik im Verlauf und Krankheitsprogredienz.
Ergebnisse Die am häufigsten auftretende Tumorentität von Metastasen an der Wirbelsäule war das Bronchus- (23,0%), gefolgt von Mamma- (20,6%) und Prostata-Karzinom (20,1%). Metastasen traten am häufigsten im Bereich der Brustwirbelsäule auf, und zwar bei 80,4% der PatientInnen. Das Durchschnittsalter betrug 65,8 (±12,4) Jahre, die Lebenserwartung ab Diagnose der spinalen Metastasen 1,7 (0,0-21,7) Jahre. Prognostisch besonders schlecht war das Vorliegen eines Bronchus- sowie Pankreaskarzinoms, gut hingegen das Vorliegen eines Mammakarzinoms oder eines Multiplen Myeloms, mit signifikantem Unterschied (siehe Kaplan-Meier Kurve). Eine Nerven-Kompressionssymptomatik bestand bei 22,9% der vorgestellten Fälle, in 12,2% wurde eine Operation durchgeführt, bei 62,4% erfolgte eine Strahlentherapie der Wirbelsäule. Die häufigsten Operationen betrafen Metastasen von Mamma- und Prostatakarzinomen, relativ am häufigsten wurde bei Vorliegen eines Nierenzellkarzinoms (28,8%), am seltensten bei einem malignen Melanom (3,0%) die Entscheidung zur operativen Therapie getroffen. PatientInnen, bei welchen eine Operation durchgeführt wurde, wiesen einen signifikanten Überlebensvorteil (p < 0,005) auf.
Diskussion Die erhobenen Daten beschreiben die häufigsten Tumorentitäten bei spinalen Metastasen sowie deren Prognose. Bereits publizierte Scoring-Systeme erlauben die Selektion von PatientInnen mit guter Prognose und helfen dadurch bei der Indikationsstellung einer chirurgischen Versorgung. Die chirurgische Intervention scheint hier keinen negativen Einfluss auf das Gesamtüberleben zu haben. Verbesserte Therapiemöglichkeiten einzelner Tumorerkrankungen, als auch Langzeitüberlebende trotz, statistisch gesehen, schlechter Prognose, stellen behandelnde ChirurgInnen zuweilen vor ethische Probleme bei der Therapieentscheidung.
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