| Einleitung Die lokale Antibiotikatherapie bei periprothetischen Gelenksinfektionen zusammen mit einem ein- oder zweizeitigen Prothesenwechsel hat sich als essenziell für eine erfolgreiche Keimeliminierung erwiesen [Neut et al. 2007]. Studien und Case Reports zeigten allerdings, dass auch eine Rekolonisation und Biofilmbildung beim Einsatz von Gentamycin-haltigen Polymethylmethacrylaten (PMMA) möglich ist [Schmolders et al. 2014; Thornes et al. 2002]. Diese Untersuchung zeigt den in vitro getesteten Effekt von verschiedenen, in der Revisionschirurgie verwendeten, antibiotikabeladenen Zementen auf vier verschiedenen Keimen mittels Hemmhoftests.
Material/Methode Elf handelsübliche, antibiotikabeladene (0,5-2,5 g Antibiotika in 40 g Pulver) Zemente wurden in fünf Testgruppen eingeteilt, in Formkörper gepresst und unter sterilen Bedingungen in 20 ml Phosphatpuffer inkubiert. Nach 1 h, 24 h, 7 d, 14 d, 21 d, 28 d und 42 d wurden die Formkörper entnommen und in frische Pufferlösungen überführt. Müller-Hinton-Agarplatten wurden mit MRSA, E. coli, Pseudomonas aeruginosa oder Cutibacterium acnes bestrichen und mittig mit einem 6 mm großen Loch versehen, in das 30 µl eines Eluats pipettiert wurden. Nach mindestens 24 Stunden Bebrütung bei 37 Grad Celsius wurden die Hemmhöfe mit einem Lineal vermessen. Jeder Zement wurde dreimal mit einem Keim getestet. Alle Hemmhofgrößen wurden in Tabellen, Grafiken und Fotos festgehalten. Aufgrund des geringen Umfangs wurde ausschließlich eine deskriptive Statistik durchgeführt.
Ergebnisse Gruppe A mit Aminoglykosiden: Kein Zement erreichte einen Effekt gegen MRSA. Gegen E. coli zeigte Palacos® R+G stets den besten Effekt und wirkte als einziger noch nach 42 Tagen. Hi-Fatigue®, Simplex® HVG und BonOs R Genta zeigten bis zum 28. Tag einen antibakteriellen Effekt, während Simplex® T nur zwischen 14 und 21 Tagen und CMW™ 1 G bis zu sieben Tagen wirksam war. Auch die Gruppe-B-Zemente mit Gentamycin und Clindamycin zeigten keine Wirkung gegen MRSA. Refobacin® Revision und Copal® G+C hatten sehr ähnliche Hemmhöfe gegen Cutibacterium acnes mit einem Maximum nach sieben Tagen mit 63,7 mm ± 1,5, beziehungsweise 63,3 mm ± 2,9. Simplex® E+C (Gruppe C) war unwirksam gegen Pseudomonas aeruginosa und MRSA. In Gruppe D mit Gentamycin und Vancomycin waren signifikante Unterschiede zu beobachten. Gegen E. coli wirkte Vancogenx® nur bis zum siebten Tag, gegen MRSA maximal bis zum 21. Tag. Copal® G+V wirkte stets über 42 Tage bei beiden ausgewählten Keimisolaten. Gruppe E mit Copal® G+C erreichte gegen E. coli sehr ähnliche Ergebnisse wie die Tests gegen Cutibacterium acnes aus Gruppe B.
Diskussion Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede bei den getesteten PMMA-Zementen. Um Rekolonisation und Resistenzbildung und damit verlängerte Klinikaufenthalte sowie zusätzliche Operationen zu vermeiden, sollte auf die Wahl des PMMA Knochenzements geachtet werden, weil diese offenbar die Antibiotika sehr unterschiedlich freisetzen und dadurch die Wirksamkeit gegen Keimisolate ebenfalls sehr unterschiedlich sein kann. Die Studie zeigt zudem, dass die Antibiotikakonzentration im Pulver keine Aussage über den antibakteriellen Effekt des Zements zulässt. Das Freisetzungsverhalten und damit die mikrobiologische Wirksamkeit der Zemente ist für Zumischempfehlungen der PRO-IMPLANT-Foundation bei Revisionen von Bedeutung [Renz und Trampuz 2018]. |